Bruno Schlatter
Die Zürich- Touristen lieben sie, die kleine City Map, die sie kostenlos im Tourist Office im Hauptbahnhof oder auch von den Hotels erhalten. Und so sieht man oft, wie die Touristen in einer ruhigen Ecke stehen oder auf einer Bank all die Tipps und Empfehlungen studieren. Unglaublich, was alles auf diesem kleinen Stadtplan Platz findet. Gedruckt wird er in acht verschiedenen Sprachausgaben, darunter Russisch und Chinesisch. Ich schlendere los auf der Suche nach Touristen mit dem kleinen Bestseller. Eine Gruppe Chinesen mit Kopfhörern in den Ohren, angeführt von ihrer Reiseleiterin, eilt durch die Bahnhofstrasse. Sie brauchen keinen Stadtplan.
Es sind vor allem Reisende, die selbstständig die Stadt erkundigen, die ihn schätzen. Bald sehe ich ein Paar mit der Karte in der Hand. Es sind Justin und Irene, ein amerikanisches Paar aus Texas. Sie suchen das Grossmünster. Ich zeige mit dem Finger auf die Turmspitzen, die in der Ferne in den Himmel ragen. Dort wollen sie den Turm besteigen. Eine Nacht und einen Tag haben sie für Zürich eingeplant. Am Abend fahren sie mit dem Zug nach Lugano.
Auch für Zürcher informativ
Die Nr. 10 auf dem Plan ist das Fraumünster. Dazu ein kurzer, aber auch für mich als Zürcher recht informativer Text. Dass sich dort die prachtvollen Fenster von Marc Chagall und Augusto Giacometti befinden, wusste ich. Ich kannte auch den Freskenzyklus im Kreuzgang. Absolut neu ist für mich, dass die Kirche und das ehemalige Frauenkloster 853 vom deutschen König Ludwig gestiftet wurden.
Vor mir stehen John und Aileen. Sie kommen aus Schottland und sind von der Kirche und all ihrer Kunst begeistert. Und plötzlich stimmen sie ein Loblied auf das «Zurich Tourist Office» an. «Wonderful, great» seien sie bedient worden. Sie sind auf dem Altstadtrundgang, der ihnen empfohlen wurde. Voller Begeisterung erzählen sie mir, was sie schon gesehen haben. Aus ihren englischen Worten mit schottischem Akzent erkenne ich immerhin die Worte «Augustinergasse» und «Lindenhof». Und sie schwärmen von all den kleinen Plätzen und den steilen Treppen. Aber am meisten sind sie überrascht über all die kleinen Cafés mit ihren gut besetzten Terrassen mit all den fröhlichen Menschen. Vor dem Grossmünster finde ich das junge deutsche PaarJohanna und Wieland aus Giessen. Sie gönnen sich fünf Tage, um Zürich zu entdecken. Schifffahrt, Uetliberg und einige Tramlinien quer durch die Stadt stehen als Nächstes auf ihrem Programm.
Für ein «local newspaper»
Und dann sehe ich sie, die junge Chinesin auf der grünen Bank im Park beim Bürkliplatz. Was studiert sie intensiv? Den Stadtplan von Zürich. Daneben zwei Damen und ein Herr, die das emsige Treiben auf dem gerade stattfindenden Flohmarkt beobachten. Auf Englisch frage ich sie, ob ich ein Foto von ihnen machen dürfe. Für ein «local newspaper», füge ich an. Sie kommuniziert mit ihren Reisebegleitern und nickt. Ich hätte sie gern mehr gefragt, aber eine echte Konversation war nicht möglich. Wenn ich etwas auf Englisch fragte, antwortete die freundliche junge Frau ausschliesslich auf Chinesisch. Schön, entnehmen sie alle Informationen über Zürich ihrem Stadtplan, der perfekt in der chinesischen Sprache verfasst ist.