Fangen wir mit den nicht umstrittenen Punkten an: 2021 wurden die Alters- und die Pflegezentren der Stadt Zürich zu den Gesundheitszentren für das Alter (GFA) zusammengeschlossen. Es entstand eine Dienstabteilung mit 40 Standorten als Zuhause für über 3000 ältere Menschen. Diese werden von rund 3300 Mitarbeitenden sowie 850 Lernenden, Studierenden und Praktikanten betreut.
Dass ein solcher Grossbetrieb ein neues Modell für die Hotellerie- und Betreuungstaxen braucht, bei dem die zuvor unterschiedlichen Taxmodelle vereinheitlicht werden, stellt niemand infrage. Auch nicht, dass bei der Betreuung auf drei Pauschalen umgestellt wird, die drei Stufen der Betreuungsintensität widerspiegeln.
Teuerung und höhere Lohnkosten
Einen mehr oder weniger lauten Aufschrei bei den linken Parteien hat jedoch die angekündigte Erhöhung der Taxen hervorgerufen. Angehoben werden sollen sowohl die Gesamttaxe für das «Wohnen im Alter» (wo das Hotellerieangebot im Vordergrund steht) als auch die Taxen für die «Spezialisierte Pflege» (mittlerer bis hoher Betreuungs- und Pflegebedarf).
Die Erhöhung begründet der Stadtrat mit den Folgen der Teuerung (insbesondere mit den höheren Energiekosten), den aktualisierten Immobilienkosten und der Lohnentwicklung. Diese hat laut Stadtrat viel mit der «stetigen Spezialisierung der Angebote beispielsweise für Menschen mit Demenz» zu tun. Zu erinnern ist auch daran, dass seit Sommer letzten Jahres 70 Prozent des städtischen Pflegepersonals (Stadtspital und GFA) lohnmässig höher eingestuft sind, was die Stadtkasse mit gegen 30 Millionen Franken pro Jahr belastet.
Im Schnitt 19 Franken pro Tag
Die städtische SP lehnt die «Gebührenerhöhung» rundweg ab und verweist auf frühere Erhöhungsversuche, die im Gemeinderat klar abgelehnt worden seien. Ausserdem sei dort ein SP-Vorstoss für einen Verzicht auf Gebührenerhöhungen deutlich angenommen worden.
Die Grünen ihrerseits befürchten, dass die höheren Taxen viele zum Bezug von Zusatzleistungen und damit in die «Armutsfalle» zwingen würden. Die SP wie auch die Grünen beschwören den Service public, der den vulnerablen Personen den Zugang zu öffentlichen Alters- und Pflegeeinrichtungen garantieren müsse.
Die Sache mit den Zusatzleistungen
Aber besteht denn tatsächlich die Gefahr, dass sich vulnerable Menschen ihr Leben in einer städtischen Einrichtung nicht mehr leisten können, wie die Grünen schreiben? Wenn man im Beschluss des Stadtrats nachsieht, heisst es dort: «Sämtliche Zimmer und Appartements, die aktuell mit Zusatzleistungen finanzierbar sind, werden dies auch weiterhin sein. Rund 50 Prozent der Leistungsbeziehenden erhalten Zusatzleistungen zur AHV/IV. Diese sind von den Taxanpassungen nicht betroffen, denn die Taxerhöhungen werden vom Amt für Zusatzleistungen zur AHV/IV vollständig übernommen. Das Amt für Zusatzleistungen war bei der Erarbeitung der Taxanpassungen involviert.»
Laut Stadtrat sind rund 1350 Bewohnerinnen und Bewohner von einer selbst zu tragenden Taxerhöhung betroffen, die im Schnitt 19 Franken pro Tag beträgt. Stört der Aufschlag also nicht eher die vermögenden als die vulnerablen Senioren – und nicht zuletzt ihre potenziellen Erben? Und kann die Stadt das Geld, das sie zusätzlich einnimmt, nicht gut für die Finanzierung der immer aufwendigeren Pflegeleistungen gebrauchen?
Schwierig für aktive Bewohner
Monika Bätschmann, Co-Fraktionspräsidentin der Grünen, leitete bis 2018 das Alterszentrum Sydefädeli in Wipkingen. Gemäss ihren Erfahrungen ist der monatliche Betrag für den Eigenbedarf von 558 Franken, der Senioren mit Zusatzleistungen zusteht, häufig zu tief, besonders bei den aktiven unter ihnen.
Diesen könne es also nicht egal sein, dass ihr häufig ohnehin schon bescheidenes Vermögen aufgrund der zum Teil massiven Erhöhungen rasch dahinschwinde. «Für die Betroffenen ist der Antrag für Zusatzleistungen nicht einfach», ergänzt Bätschmann, «viele empfinden sie immer noch als Almosen, ähnlich wie Sozialhilfe – auch wenn sie natürlich ein Anrecht darauf haben.»
Ein grosses Thema im Alter ist es, Hilfe annehmen zu lernen. Wieso soll das bei den Finanzen anders sein? Hauptsache ist doch, dass es überhaupt Hilfsangebote gibt.