Das Verhältnis zwischen den kantonalen und den städtischen Fachstellen beim Thema Tempo 30 auf der Rosengartenstrasse scheint eher zerrüttet. Ganze 18 Monate liess sich die bei der Gesuchsbehandlung federführende Kantonspolizei Zeit, um das städtische Gesuch für Tempo 30 auf der Rosengarten- und der Bucheggstrasse zu prüfen. Hauptgrund der von der Stadt vorgeschlagenen Temporeduktion: der vom Bund vorgeschriebene Lärmschutz.
Am Montag vor einer Woche bekam das Sicherheitsdepartement nun abschlägige Post vom Kanton, praktisch zeitgleich mit den Medien. Inhalt der Meldung des Kantons: Auf der Achse Rosengarten- und Bucheggstrasse sei die Temporeduktion auf 30 Kilometer pro Stunde unter den gegebenen Voraussetzungen sowohl aus rechtlicher als auch aus fachlicher Sicht nicht bewilligungsfähig. In der Mitteilung kam das Wort «mangelhaft» dreimal vor. Entsprechend unzufrieden ist Mediensprecher Matthias Ninck. Das sei einfach nicht die feine Art, so miteinander umzugehen, sagt er auf Anfrage. Erst einige Stunden nach dem Versand der kantonalen Medienmitteilung konnte die Stadt reagieren: «Die Stadt erachtet die Begründung der Kantonspolizei als pauschal und nicht sachgerecht. Sie wird gegen diese Verfügung Rekurs einlegen», hiess es in der Mitteilung.
Kampf dem Lärm
Warum aber eigentlich Tempo 30 und nicht einfach Lärmschutzfenster an dieser Hauptverkehrsachse? Laut der Stadt hatten gegen die im Jahr 2017 beschlossenen Lärmschutzmassnahmen mit Schallschutzfenstern Anwohnende Rekurs eingelegt und Recht bekommen. Am 1. September 2021 entschied der Stadtrat dann, auf der Achse Buchegg- und Rosengartenstrasse als weitere Lärmschutzmassnahme Tempo 30 einzuführen. Pikant: Entlang dieser Achse leben rund 3000 Personen über dem Lärm-Immissionsgrenzwert, 1000 Menschen sogar über dem Alarmwert. Ob Tempo 30 jemals kommt, ist offen. Etwa 2024 zur Abstimmung kommt zudem die Initiative von SVP und FDP, die auf Durchgangsstrassen generell Tempo 50 fordert.
Nichts zu tun hat das «Njet» des Kantons zu Tempo 30 freilich mit dem im September öffentlich aufgelegten Projekt, die Rosengarten- und die Bucheggstrasse für Fussgänger und Velofahrer besser passierbar zu machen und die Bedingungen für den ÖV zu verbessern. Jenes Baugesuch hatte die Stadt laut eigenen Angaben erarbeitet, weil im Februar 2020 das kantonale Stimmvolk die Vorlage für ein Rosengartentram und einen Rosengartentunnel abgelehnt hatte. Daraufhin wünschte der Gemeinderat, die trennende Wirkung für das Quartier durch die stark befahrene Rosengartenstrasse zu entschärfen. Dazu sollen zwei lichtsignalgesteuerte Zebrastreifen und Veloquerungen auf der Höhe der Lehen- und der Wibichstrasse eingerichtet werden.
Drei Rekurse gegen Zebrastreifen
Auf Anfrage heisst es von Evelyne Richiger, der Mediensprecherin des Tiefbauamtes, dass drei Einsprachen eingetroffen seien auf die öffentliche Planauflage. Wie diese die Bauplanung verzögern, ist noch unklar. Nach Bereinigung dieser Einsprachen folgt die Projektfestsetzung durch den Stadtrat von Zürich und die Genehmigung durch den Regierungsrat des Kantons Zürich. Baubeginn ist laut der Stadt frühestens im Jahr 2026 möglich. Laut Richiger hat die Stadt den Kanton in der Planung miteinbezogen und ein umfangreiches Verkehrsgutachten eingereicht, das die Konformität mit Artikel 104 bis der Kantonsverfassung nachweist. In jenem seit fünf Jahren als Folge der angenommenen Antistau-Initiative geltenden Artikel wird vorgeschrieben, dass eine Verminderung der Leistungsfähigkeit einzelner Strassenabschnitte im umliegenden Strassennetz mindestens auszugleichen sei.
ACS ist nicht zufrieden
Keine Freude am Zebrastreifen-Plan und auch an Tempo 30 hat hingegen der ACS (Sektion Zürich). Er erinnert an die zwei vom Stimmvolk bachabgeschickten Projekte: die reine Tramlösung 2010, welche die ganze Rosengartenachse in Anspruch genommen hätte, und zum Zweiten die Gesamtlösung mit Autotunnel- und Tramspuren vor drei Jahren. Nun sehe sich die Stadt gezwungen, irgendeine andere Lösung zur Beruhigung der Anwohner zu bieten und das Trennende der Strasse im Quartier abzuschwächen. «Uns vom ACS Zürich, der mit wehenden Fahnen die Pro-Kampagne für die Gesamtprojektlösung begleitete, war klar, dass es nach dem Urnen-Nein eine Flickwerk-Lösung geben würde.» Der ACS respektiere jenen Volksentscheid, finde es aber nach wie vor schwierig und nicht einsehbar, wenn 56 000 Autos an der Rosengartenstrasse auf Tempo 30 hinuntergebremst werden und aus dieser Hauptachse eine Quartierstrasse entstehen soll, ohne dass Ersatz für all die Fahrzeuge geschaffen werde. Kurzum: Der Verkehrsfluss dürfe nicht massgeblich eingeschränkt werden, ohne im direkt umliegenden Gebiet Ersatz für den motorisierten Individualverkehr zu schaffen.