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Zürich West
12.02.2024
23.02.2024 22:30 Uhr

Schonend optimiertes Hallenbad

Das bis jetzt brachliegende Dach wird mit dem Umbau durch eine Saunalandschaft mit Terrasse und wenn möglich durch Photovoltaikelemente belebt und genutzt.
Das bis jetzt brachliegende Dach wird mit dem Umbau durch eine Saunalandschaft mit Terrasse und wenn möglich durch Photovoltaikelemente belebt und genutzt. Bild: Maaars Visualisierungen Zürich
Das Siegerprojekt für die Renovation und Erweiterung des Hallenbads Altstetten bringt ein neues Lernschwimmbecken, eine Saunalandschaft und eine neue Terrasse. Wie es mit der Betriebsgenossenschaft weitergeht, ist zurzeit offen.

Pia Meier und Tobias Hoffmann

1997 schien die Abrissbirne über dem ­Hallenbad Altstetten zu schweben. Um die städtischen Finanzen stand es schlecht, der Stadtrat prüfte verschiedene Sparmöglichkeiten. Im Juli legte er ein Bäderkonzept vor, und da sowohl die Eintritte in die Sommer- wie auch in die Hallenbäder im Jahrzehnt davor deutlich gesunken waren, konstatierte er ein Überangebot und legte mehrere Schliessungsvarianten auf den Tisch. Wie die NZZ am 18. Juli 1997 berichtete, hielt der Stadtrat den Zustand des 1973 erbauten Hallen­bads Altstetten für «desolat», verordnete die Schliessung aus baupolizeilichen Gründen auf Ende Jahr und fand, es solle dann abgebrochen und das Areal einer anderen Nutzung zugeführt werden.

Gutes Führungszeugnis

Doch bekanntlich existiert das Hallenbad noch. Eine Betriebsgenossenschaft übernahm 1997 den Betrieb, nachdem die Quartierbevölkerung für den Erhalt des Bads demonstriert und die Stadt in ein privatwirtschaftliches Konzept eingewilligt hatte. Die Genossenschaft führt das Bad bis heute im Auftrag des Sportamts Zürich. Im Jahr 1998 gelang es ihr, eine Erweiterung um eine Saunalandschaft zu finanzieren, 2007 kamen ein Wellnessbad sowie eine 110 Meter lange Röhrenrutsche dazu, 2015 schliesslich vergrösserte sie das Planschbecken im Aussenbereich und die Liegewiese. Die Zahl der Besucherinnen und Besucher übertraf vor der Coronapandemie die 300 000er-Marke. 2022 lobte der Stadtrat die Betriebsgenossenschaft und bezeichnete den finanziellen Erfolg und die Entwicklung der Besucherzahlen als Zeugnis für die gute Führung.

Das heutige Zürich steht an einem anderen Punkt als 1997. Es werden Hunderte Millionen in die Infrastruktur der wachsenden Stadt gesteckt. Manchen wird bei so hohen Ausgaben angst und bange. Auch in Bezug auf das Hallenbad Altstetten hat die Stadt als Besitzerin des Bads inzwischen das Heft wieder in die eigene Hand genommen: 2017 gab sie eine Zustandsanalyse des Hallenbads in Auftrag. Die ­Untersuchungen führten zur Erkenntnis, dass das Gebäude am Ende seines Lebenszyklus steht. Die Pläne für die Instandsetzung wurden jedoch lange nicht fassbar. Nun aber, am 1. Februar, machte sie die Ergebnisse eines Architekturwettbewerbs per Medienmitteilung publik. Die Erneuerung nimmt endlich konkrete Formen an. Und diese wirken überaus attraktiv.

Die Bewohnerschaft Altstettens wurde ebenfalls am 1. Februar an einer Quartierinformation über den Architekturwettbewerb ins Bild gesetzt. Der Anlass in der Drehscheibe an der Hohlstrasse 500 war sehr gut besucht. Die Jury, bestehend aus Vertretenden von Immobilien Stadt Zürich, vom Amt für Hochbauten, vom Sportamt und vom Quartierverein Alt­stetten, würdigte das Siegerprojekt namens «Nepomuk». Gewonnen haben Berrel Kräutler Architekten AG aus Zürich und Bryum GmbH Landschaftsarchitekten aus Basel. Sie erweitern den Bestandsbau aus den 1970er-Jahren durch einen Anbau entlang der Stampfenbrunnenstrasse. Schwimm- und Wellnessbereich, Sport- und Trainingshallen, Sauna sowie Restaurant bleiben bestehen.

Aufwertung der Dachlandschaft

Neu ist die Saunalandschaft auf dem Dach und die Terrasse im Westen, die vom Restaurant aus erreichbar ist und einen Überblick über die Liegewiese bietet. Neu ist vor allem auch das Lernschwimm­becken, das im Anbau untergebracht ist, wo es über einen separaten Eingang und Garderobenanlagen für Schulen und Vereine verfügt. Die Integration des Lernschwimmbeckens ins Hallenbad anstelle einer separaten Schulschwimmanlage soll zu betrieblichen Optimierungen und Kosteneinsparungen führen.

Das Siegerprojekt erfüllt die Wettbewerbsanforderungen in Bezug auf ressourcenschonendes, energieeffizientes und wirtschaftliches Bauen. «Mit dem vielseitigen, in einem kompakten Gebäude vereinten Angebot können Kosten eingespart sowie Synergien im Badebetrieb und in der Bewirtschaftung der Anlage ­genutzt werden», hielten die anwesenden Fachleute fest. Zur ­Ressourcenschonung kommen Recyclingbeton und Holz zum Einsatz. Letzteres wird beispielsweise für die Verkleidung der Fassaden verwendet. Auf Teilbereichen der begrünten Dachflächen sind Photovoltaikelemente geplant, die einen Teil des Strombedarfs abdecken werden.

«Mit der Rettung des Hallenbads Altstetten hat die Betriebsgenossenschaft ihren Auftrag erfüllt.»
Mike Immer, Präsident der Betriebsgenossenschaft

Das Bauprojekt soll in den nächsten Phasen detailliert ausgearbeitet werden. Die Zustimmung von Stadt- und Gemeinderat zum Objektkredit vorausgesetzt, können die Bauarbeiten voraussichtlich im Jahr 2027 beginnen. Die Fertigstellung ist Ende 2029 geplant. Ein Betrieb ist während dieser Zeit nicht möglich. Entstehen wird ein Bau, der mutmasslich weit über das Quartier ausstrahlen und Publikum auch ausserhalb Altstettens anlocken wird. Kein Wunder, dass sich einige an der Quartierinformation Anwesende Sorgen machten, es könne beträchtlicher Mehrverkehr entstehen. In der Tat könnte das wenige Schritte vom Farbhof entfernte Hallenbad dank der nach Schlieren verlängerten Tramlinie 2 und der Limmattalbahn vielleicht auch Gäste bis in den Aargau hinein anziehen.

Was wird mit den Mitarbeitenden?

Andere Anwesende fragten, warum die Betriebsgenossenschaft bei der Jurierung nicht dabei war und warum deren Einsatz fürs Hallenbad Altstetten nicht gewürdigt wurde. Mike Immer, Präsident der Betriebsgenossenschaft, hielt fest, dass man sich vor dem Wettbewerb intensiv übers Sportamt habe einbringen können. Beim Wettbewerb seien sie jedoch nicht für eine Teilnahme angefragt worden.

Die Frage stellt sich nun, wie es mit der Betriebsgenossenschaft weitergehen soll. «Das müssten wir zuerst intern besprechen», betonte Immer. Es sei aber so, dass die Genossenschaft mit der Rettung des Hallenbads ihren Auftrag erfüllt habe. Und sie habe es erfolgreich geführt. «Mit der zweijährigen Schliessung wegen Instandsetzung und Erweiterung müssen wir uns überlegen, wie es weitergeht.» Tatsache sei, dass der Vertrag, der laufend erneuert wurde, 2028 abläuft. Wichtig sei für ihn, dass die Mitarbeitenden während der Bauzeit von der Stadt beschäftigt würden.

2023 verzeichnete das Hallenbad Alt­stetten bereits über 320 000 Eintritte und gehört damit neben den Hallenbädern City und Oerlikon zu den drei grössten Hallenbädern der Stadt Zürich. Für die Zeit nach dem Umbau wird mit jährlich 350 000 Besucherinnen und Besuchern gerechnet. Den Status eines Quartierbads hat es eigentlich schon lange verloren. Nach dem Umbau könnte es zu einem Aushängeschild des schnell wachsenden und sein Aschenputtel-­Image ablegenden Kreises 9 werden.

  • Das Hallenbad erhält eine Fassade aus Holzelementen (hier die Ansicht von der Dachslernstrasse). Bild: Maaars visualisierungen Zürich
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  • Es gibt auch vertraute Elemente, die bleiben, zum Beispiel die Dachkonstruktion. Bild: Maaars Visualisierungen Zürich
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Warum ein Wettbewerb?

Wie es im Bericht des Preisgerichts heisst, wurden Wettbewerbe in der Stadt Zürich bisher fast ausschliesslich für Neubauprojekte angewendet. Vor dem Hintergrund der Klimakrise sollen der Abbruch und Ersatz von Gebäuden in Zukunft jedoch noch sorgfältiger abgewogen werden. Anstelle von Ersatzneubauten soll es wieder häufiger Um-, An-, Auf- und Ergänzungsbauten geben. So wird die bisher klare Grenze zwischen Bestands- und Neubauaufgabe verwischt und unscharf, und es wird häufiger Wettbewerbsverfahren geben.

Pia Meier und Tobias Hoffmann