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Züriberg
19.02.2024
20.02.2024 08:09 Uhr

Warum die Gewerbler sauer sind auf die Stadt

Auch Apotheker Lorenz Schmid ist gegen die Pläne der Stadt. Schmid ist zudem Präsident des Fördervereins Kulturplatz Münsterhof.  Er wäre im Gegensatz zur Stadt dafür, wenn der Markt temporär dorthin zügeln würde.
Auch Apotheker Lorenz Schmid ist gegen die Pläne der Stadt. Schmid ist zudem Präsident des Fördervereins Kulturplatz Münsterhof. Er wäre im Gegensatz zur Stadt dafür, wenn der Markt temporär dorthin zügeln würde. Bild: Jeannette Gerber
Zürcherinnen und Zürcher nennen ihn liebevoll «Bürklimäärt». Doch jetzt ist diese Institution in Gefahr. Warum hat die Stadt ihre Baupläne nicht mit den Betroffenen abgesprochen? Die Marktfahrer sammeln nun Unterschriften. Dabei erhalten sie prominente Unterstützung.

Jeannette Gerber

Der Mensch ist bekanntlich ein Gewohnheitstier, darum war die Nachricht, dass der Markt am Bürkliplatz nach den Radweltmeisterschaften ab September 2024 für fünfzehn Monate wegen Umbaus der Stadthausanlage umziehen muss, ein Schock für Frau und Herr Zürcher. Wo sonst können sie dann ihren knackigsten Salat, ihr vitaminreichstes Gemüse, ihre schönsten Schnittblumen, ihre nachhaltigsten Topfpflanzen, ihren Bio Käse und samstags ihre Kuriositäten einkaufen?

Das ist eine Frage, die Zürich 24 Grün Stadt Zürich auch stellte. Bekanntlich müssen auf der Stadthausanlage kranke Bäume gefällt, ersetzt und der Baubestand von heute 74 auf 99 Bäume vergrössert werden. Also was bietet die Stadt den Marktbetreibenden als Standortalternative? Gemäss der Aussage von Marc Werlen, dem Leiter Kommunikation, seien Ersatzstandorte in unmittelbarer Nähe an der Fraumünsterstrasse sowie an der Börsenstrasse und Kappelergasse in Diskussion. Nachdem diese Variante den Marktteilnehmern bekanntgegeben worden war, hat sich Marc Werlen am Dienstag 13. Februar vor Ort gezeigt, um Fragen von Beteiligten zu beantworten und für das Projekt Stimmung zu machen.

Stadt ist überzeugt vom eigenen Vorschlag

In diesem Zusammenhang betonte Marc Werlen im Interview des Reporters von Tele Züri: «Grün Stadt Zürich ist von diesem Vorschlag überzeugt.» Das sei die beste Lösung, sämtliche Kriterien zu erfüllen. Weiter führte er aus: «Es werden aber weniger Parkplätze zur Verfügung stehen, doch können wir keine 1:1-Lösung aus dem Hut zaubern. Wir mussten etwas in der Nähe der Stadthausanlage finden, damit die Kontinuität des Marktes im Quartier sichergestellt ist.» Wie sich herausstellte, passt diese Lösung den mobilen Gewerblern aber gar nicht.

Knackpunkt Kundenparkplätze

Die Vereinigung der Marktfahrer von Zürich (VMZ) wurde am 3. April 1973 gegründet. Deren Präsidentin, Petra Mörgeli, verkauft seit dreissig Jahren an ihrem Stand Gemüse, Obst und Beeren. Sie ist der Meinung, dass dies keine akzeptable Lösung sei. «Ein Grund dafür sind die fehlenden Parkplätze für Kunden. Dass wir Markfahrer unsere Fahrzeuge ziemlich weit weg parkieren müssten, das würden wir noch hinnehmen,» sagt sie, doch schlimmer sei, dass es kaum Parkplätze für die Kundschaft gäbe, insbesondere für Grosskunden, die nicht einfach mit dem Einkaufskörbli ins Tram steigen können. Ein weiterer Vorschlag der Stadt sei, dass beim Eingang zum Markt eine Wartezone für Fahrzeuge eingerichtet werden soll, damit diese der Reihe nach einfädeln könnten. «Völlig illusorisch», so Mörgeli.

Warum geplant im stillen Kämmerlein?

Sie wirft der Stadt vor, viel zu spät – anfangs Dezember 2023 – einbezogen worden zu sein. Daraufhin habe der VMZ sofort den Stadtrat kontaktiert und betont, wie wichtig genügend Kundenparkplätze für das Überleben des Marktes während des Umbaus sei. «Wir haben auch die Möglichkeit vorgeschlagen, den Umbau etappenweise auszuführen. Dabei hätte der kleine Platz Richtung Limmat rund um den Geiserbrunnen zusätzlich genutzt werden und der Markt vor Ort bleiben können. Auf diese Vorschläge von Seiten der Marktfahrenden sei die Stadt gar nicht eingegangen. «Für mich wäre der Münsterplatz die ideale Lösung», ergänzte sie. Doch dieser sei quasi mit Anlässen bereits ausgebucht.

Monika Luck, Präsidentin der Vereinigung Flohmarkt – die betrifft es genauso – kann sich grundsätzlich eine solche Verschiebung vorstellen. Sie befürchtet aber, dass die lokalen Gewerbetreibenden protestieren werden, da während der Sanierung jeden Samstag 100 Parkplätze wegfallen. «Ich bezweifle, dass eine neue Verkehrsregelung durch diese engen Strassen funktionieren wird, sind es doch 300 Autos, die zu den Plätzen zum Ausladen fahren müssen,» führt sie weiter aus. Und bis heute habe die Stadt nicht beantworten können, wie die bisherigen 230 Saisonplätze auf der sanierten Stadthausanlage Platz finden werden, wenn dort ab 2026 neunundneunzig Bäume stünden und die dafür notwendigen Gruben pro Baum einen Durchmesser von 2.90 Meter haben sollen.

Marktpolizei will eigenes Büro

Der allerseits beliebte und bewährte Kiosk wird einem Neubau weichen müssen. Der Pachtvertrag ist abgelaufen. Das Architektenkollektiv Schmid Zjörgen aus Zürich hat den ausgeschriebenen Wettbewerb mit dem Projekt «Il Solito» gewonnen. Neben dem Gastrobetrieb wird der formschöne Holzbau ein Büro für die Marktpolizei, zwei Züri-WCs und zwei Gäste-WCs für den Kiosk-Betrieb beherbergen.

Petition gestartet

Wie von der Stadt angekündigt, soll im kommenden September mit dem Umbau begonnen werden. Das heisst für die Betroffenen, dass sie sich noch heute dagegen wehren müssen. Der Verein der Marktfahrer von Zürich hat umgehend die Petition «Für einen blühenden Bürkli-Märt!» lanciert und sie noch in der gleichen Woche der Presse vorgestellt.

Petra Mörgeli ist besorgt, dass kein Konsens für eine für alle gültige Überganslösung gefunden wird. Sie betont: «Für das Überleben des Marktes sowie der Betriebe der Marktfahrerinnen und -fahrer ist es entscheidend, dass eine praktikable Lösung gefunden wird». Und weiter: «Mit der Petition unterbreiten wir dem Stadtrat einen detaillierten Belegungsplan auf der sanierten Stadthausanlage, wobei den Bedürfnissen der Marktfahrenden in Bezug auf Standplätze, Zu- und Ausfahrtswege sowie Rangierflächen entsprechend Rechnung getragen wird. Dafür müsste der Baumbestand etwas angepasst werden», konstatiert sie.

Idee der Stadt nicht praktikabel

Die Option, den Markt während des Umbaus auf die Fraumünsterstrasse, respektive Kappelergasse und Börsenstrasse zu verlegen, sei für den VMZ keine annehmbare Lösung, da 70 Prozent der Kundenparkplätze wegfielen und auch die Logistik kaum durchführbar sei. «Wir müssten in diesem Fall mit 30 bis 50 Prozent Umsatzeinbussen rechnen und würden von der Stadt eine entsprechende Entschädigung verlangen,» so Mörgeli.

Die Stadt hat ihren zukünftigen Belegungsplan vorgestellt, der auf einem Raster basiert: Die Stände würden längs und quer im rechten Winkel aufgestellt. «Der Plan der Stadt ist völlig unmöglich für die Zufahrt sowie für den Auf- und Abbau der Stände - ein logistischer Alptraum,» ereiferte sich Petra Mörgeli. Aus diesem Grund hat der VMZ seinerseits einen Plan, der von dem bisherigen diagonalen Kreuz aus Kernmarktständen (das sind die, die das ganze Jahr präsent sind) wie bisher ausgeht. «Zur Umsetzung dieser Idee müsste lediglich auf 16 zusätzliche Bäume verzichtet werden. Die Marktfahrenden stehen geschlossen hinter diesem Vorschlag,» erklärte Mörgeli. Doch der Stadtrat lasse wegen der Anzahl der zusätzlichen Bäume nicht mit sich reden.

Abschliessend wies Petra Mörgeli noch darauf hin, dass der Gemeinderat auf Initiative der AL-Fraktion ein Postulat mit ähnlichen Forderungen an den Stadtrat überwiesen hat. Der anwesende AL-Gemeinderat, David Garcia Nuñez, fand: «Diese zusätzlichen Bäume sind nicht zwingend erforderlich.»

Monika Luck als Präsidentin der Vereinigung Flohmarkt wird voraussichtlich ebenfalls entsprechende Schritte unternehmen.

 

 

Info: Petition unterschreiben direkt auf dem Bürkliplatz-Markt oder via www.zuercher-maerkte.ch

Jeannette Gerber/Zürich24