Tobias Hoffmann
Wohnungen bauen! Mehr, viele, überall, so schnell wie möglich! Diese Aufforderung erklingt stadtauf, stadtab, quer durch alle Medien, Parteien, Organisationen. Da mag es schon fast wie eine Provokation erscheinen, wenn ein Projekt für ein grosses Geschäftshaus angekündigt wird – und dazu noch in bester Verkehrslage in Albisrieden. Auf dem sogenannten Albis-Areal, im Bogen der Albisriederstrasse beim Stadion Utogrund, soll das seit ein paar Jahren bestehende Geschäftshaus Yond um zwei Neubauten (Yond.02 und 03) und einen Umbau (Yond.04) zum Yond-Campus erweitert werden. Die Vision ist ein transparenter und durchlässiger Komplex für gemischte Nutzungen im Bereich produzierendes Gewerbe, Handel, Dienstleistung und Gastronomie.
Für einmal also wird hier ein städtisches Industrieareal nicht gänzlich zweckentfremdet, sondern bleibt, zumindest teilweise, der ursprünglichen Bestimmung verpflichtet. Hier spielte sich ein spannendes und wechselvolles Kapitel der schweizerischen Industriegeschichte ab, in dem die deutsche Weltfirma Siemens und die Telekommunikation (Telefonapparate, Radiogeräte) stets eine wesentliche Rolle spielten. Heute ist es im Portfolio der 1999 von mehreren grossen Pensionskassen gegründeten Immobiliengesellschaft Swiss Prime Site (SPS).
Auf ein Jahrhundert ausgelegt
Dass das Areal auch für produzierendes Gewerbe offenbleibt, hat wesentlich mit der teilrevidierten Bau- und Zonenordnung 2014 zu tun, die 2017 in Kraft trat. Sie machte in Bezug auf die Industrieareale so etwas wie eine Kehrtwende und zielte auf die «Sicherung von Industrie- und Gewerbezonen für das produzierende Gewerbe, wobei der Begriff Industrie flexibel verstanden werden muss», wie der «Tages-Anzeiger» damals zusammenfasste.
SPS hat mit dem 2021 eröffneten Yond ein neuartiges Konzept für ein äusserst flexibel nutzbares Gebäude erprobt. Yond weist vier Geschosse mit grossflächigen Glasfronten und durchgehend 5,5 Metern Raumhöhe auf. In dieses Grundraster können mit modularen Elementen aus Holz Räume für unterschiedlichste Nutzungen eingepasst werden, die sich obendrein, im Falle veränderter Ansprüche oder Bedürfnisse, einfach und schnell verändern lassen, zum Beispiel durch das Einfügen eines Zwischenbodens, wodurch sich beispielsweise Lagerfläche oder Büros addieren lassen.
Das Konzept hat auch die Fachwelt überzeugt: Yond erhielt 2020 einen internationalen Architekturpreis und 2021 die «Auszeichnung für gute Bauten der Stadt Zürich» für die Periode 2016–2020. Und offenbar sind die Rückmeldungen aus der Mieterschaft so positiv, dass SPS sich für den weiteren Ausbau von Yond entschieden hat. Mitte März, zwei Wochen nach der Baueingabe, informierte SPS am Vormittag die Medien und am Abend die Quartierbevölkerung über die geplante weitere Transformation des Areals, auf dem rund 1500 Arbeitsplätze entstehen sollen.