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Stadt Zürich
24.05.2024
22.08.2024 13:22 Uhr

Als Äbtissin Katharina von Zimmern einst die Stadt Zürich regierte

Bild: Fotomontage: Zürich24/rad, Bilder: Roland ZH/Wikimedia Commons
ZEITREISE – Während ihrer Regentschaft als Äbtissin der Fraumünsterabtei in Zürich galt Katharina von Zimmern als einflussreichste Frau in der Limmatstadt. Mit der Übergabe von Abtei und Kirche vor 500 Jahren leistete sie einen massgebenden Beitrag zur Reformation.

Dominique Rais

Einst war sie die einflussreichste Frau der Stadt Zürich: die Äbtissin Katharina von Zimmern (1478–1547). Als Tochter aus adligem Haus kam sie als junges Mädchen in die Limmatstadt, nachdem ihr Vater 1488 bei Kaiser Friedrich III. in Ungnade gefallen war. Um Katharina ebenso wie ihre Schwester Anna vor wirtschaftlichen Nöten und sozialem Abstieg zu bewahren, wurden beide im Zürcher Fraumünster untergebracht, wo Katharina 1496, im Alter von gerade mal 18 Jahren, als Äbtissin in ihr Amt gewählt wurde.

In ihrer Funktion als Vorsteherin des Fraumünsters war sie fortan nicht nur für die Geschicke der Abtei verantwortlich, sondern war als Äbtissin damals zugleich auch Stadtherrin von Zürich. Sie nahm Steuern ein, erhob Zölle und war während des Mittel­alters somit eine zentrale Figur in der damaligen Stadtzürcher Politik.

Während ihrer 28 Jahre dauernden Amtszeit als Äbtissin liess sie einen Teil der Abtei neu bauen. Dazu gehörten auch die beiden Türme des Fraumünsters, von denen heute jedoch nur noch der Nordturm steht. Der Südturm wurde 1728 im Zuge von Neugestaltungsarbeiten am Kloster bis auf die Höhe des Querschiffs abgetragen.

Eine Äbtissin mit Weitblick

Historisch betrachtet erlangte von Zimmern vor allem mit dem Ende ihrer Herrschaft 1524 allgemeine Bekanntheit. Urkundlich festgehalten übergab Zürichs letzte Äbtissin vor 500 Jahren die Fraumünsterabtei und die Kirche mit all ihren Besitztümern und Ländereien an die Stadt Zürich, um so «die Stadt vor Unruhe und Ungemach zu bewahren und zu tun, was Zürich lieb und dienlich ist».

  • Das Fresko im Kreuzgang des Fraumünsters zeigt die Entstehungsgeschichte der Fraumünsterabtei. Abbildung über der Türe: Zürichs letzte ­Äbtissin Katharina von Zimmern. Bild: Roland ZH / Wikimedia Commons
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  • Während des Mittelalters regierte Katharina von Zimmern als Stadtherrin über die Limmatstadt. Im Alter von gerade mal 18 Jahren wurde sie Äbtissin und lenkte als Vorsteherin der Fraumünsterabtei die Geschicke des Klosters. Bild: Verein Katharinen-Turm
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  • Mit dieser Bronze-Plastik wurde Zürichs letzter Äbtissin im Kreuzgang der Fraumünsterabtei ein Denkmal gesetzt. Bild: Roland ZH / Wikimedia Commons
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Im politischen Spannungsfeld der Reformationszeit agierte Katharina von Zimmern mit Weitblick, und so gelang es ihr damals nicht nur, einen drohenden Bürgerkrieg abzuwenden, sondern auch massgebend zur draus resultierenden Reformation beizutragen.

Die damit einhergehende Säkularisierung der Klöster durch den Reformator Huldrych Zwingli (1484–1531) läutete damals eine gesellschaftliche Revolution sowie eine politische und wirtschaftliche Transformation ein. Mit der Fraumünster­übergabe verzichtete von Zimmern aber nicht nur auf ihre Machtposition als Äbtissin und verlor alle mit ihrem Amt einhergehenden Privilegien, sondern nahm mit ihrem Entscheid auch die Ächtung durch die katholische Kirche in Kauf.

Die am 5. Dezember 1524 bekundete und am 8. Dezember 1524 vom Zürcher Stadtrat beurkundet Übergabe der Abtei markierte das Ende der 671 Jahre dauernden Geschichte des Fraumünsterklosters.

Damit ging auch die Ära der Äbtissinnen in Zürich zu Ende, die über viele Jahrhunderte die Stadt sowohl in kultureller als auch in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht geprägt hatten.

Obgleich durch ihr weises Handel ein Blutvergiessen im Zuge der Reformation abgewendet wurde, verloren die Frauen in der Stadt Zürich durch diesen Entscheid für lange Zeit ihre politische Mitsprachemöglichkeit. Über ihre Dienste in der Kirche hinaus wurden von Zimmern in der Abtei ein lebenslanges Wohnrecht sowie eine grosszügige Rente gewährt, die letztlich höher war als das, was sie während ihrer Amtszeit als Äbtissin verdient hatte.

Ihr Leben ausserhalb des Klosters

Nach ihrer Zeit als Vorsteherin des Fraumünsters heiratete von Zimmern im Alter von 47 Jahren den Söldnerführer Eberhard von Reischach (1491–1531). Bereits während ihrer Zeit als Äbtissin im Kloster soll sie mit ihm ein Verhältnis gehabt ­haben, aus dem eine gemeinsame Tochter hervorging.

So also widmete sie sich fortan dem Leben als Ehefrau und Mutter. Nach ihr Mann 1531 in der Schlacht bei Kappel gefallen war, lebte sie als hochangesehene Witwe und Patin in fünf Zürcher Familien bis zu ihrem Tod am 17. August 1547 in der Limmatstadt – zuletzt am Neumarkt.

Anlässlich des diesjährigen 500-Jahr-­Jubiläums der Fraumünsterübergabe wird der einstigen Äbtissin in diesem Jahr fortlaufend mit zahlreichen Anlässen und Veranstaltungen gedacht und damit ihr Wirken hinter den Konventmauern sowie für die Stadt Zürich gewürdigt.

Dem Vermächtnis der Kirchenfrau auf der Spur

Vor 500 Jahren übergab Katharina von Zimmern, Zürichs letzte Äbtissin, der Stadt die Fraumünsterabtei und Kirche. Der einstigen Stadtherrin zu Ehren finden im Laufe diesen Jahres zahlreiche Anlässe statt, die sich auf die Spuren ihres Vermächtnisses begeben.

30. Mai, 18 Uhr: Buchvernissage «Katharina von Zimmern – Flüchtlingskind, Äbtissin, Bürgerin von Zürich» im Fraumünster Zürich

15. Juni, 16.15 Uhr: Stadtrundgang «Frauen und Macht. Die Umwälzungen der Reformation»

20. August, abends: Eröffnung des Katharinen-­Turms mit Konzert im Stadthaus Zürich und in der reformierten Kirche Fraumünster

20. August bis 10. Dezember: «Katha­rinen-­Turm und 500 Zürcherinnen», 40 Meter hohe Kunstinstallation zwischen Fraumünster und Stadthaus

20. August bis 10. Dezember: Turm-­Predigtreihe «Katharinen-Turm und ‹Frauen und Türme›»

25. August, 11 Uhr: Stadtrundgang «Frauen und Macht. Die Umwälzungen der Reformation»

27. August bis 20. Dezember: Ausstellung «Die Äbtissin und der Bürgermeister» im Haus zum Rech

1.–3. und 22. September: Theater-Führung «Fröwenmünster an mine herren»

3. Oktober, 18 Uhr: Führung «Die Gemächer der Äbtissin» im Landes­museum Zürich

6. / 13. / 20. Oktober: Theater-­Führung «Fröwenmünster an mine herren»

14. / 28. Oktober, 18 Uhr: Führung «Brückenschlag vom Fraumünster zur Stadt»

4. / 11. / 18. November, 18 Uhr: Führung «Brückenschlag vom Fraumünster zur Stadt»

14. November, 18 Uhr: Führung «Die Gemächer der Äbtissin» im Landes­museum Zürich

17. November: Theater-Führung «Fröwenmünster an mine herren»

1. Dezember: Theater-Führung «Fröwenmünster an mine herren»

2. Dezember, 18 Uhr: Führung «Brückenschlag vom Fraumünster zur Stadt»

Weitere Informationen zu den Veranstaltungen: katharina2024.ch/veranstaltungen

Zeitreise: eine historische Serie

Die historische Serie «Zeitreise» taucht ein in Zürichs Vergangenheit und greift die Geschichten von Menschen und geschichtsträchtigen Ereignissen längst vergangener Tage auf.

Haben Sie historisches Bildmaterial? Dann senden Sie eine E-Mail mit dem Betreff «Zeitreise» und Ihren Fotos an: dominique.rais@lokalinfo.ch

Dominique Rais