Vor drei Jahren bewarb sich die Stadt Zürich als Austragungsort für die internationale Velo-City-Konferenz 2024 mit etwa 1500 Teilnehmenden. «Vom Erfahrungsaustausch soll die Veloförderung in der Stadt profitieren», hiess es damals vom Stadtrat. Ein Kredit von 3 Millionen Franken wurde dafür bereitgestellt. Es sollte der politische Leuchtturm zur sportlichen Austragung der Rad-WM 2024 in und um Zürich werden. Doch es kam anders.
Geprüft und für nicht tauglich befunden
Die European Cyclists Federation (ECF) beschloss nach einem Besuch in Zürich, dass die prestigeträchtige Konferenz in Gent in Belgien stattfinden werde. Grund: Die Veloförderung in Gent befinde sich an einem anderen Punkt als in Zürich. Man könnte auch sagen: Velo fahren in Zürich ist zumindest an den Knotenpunkten immer noch der Horror, wie Experten urteilen. Kein Wunder, bekam Zürich die rote Karte.
Nun etwa Eigenes
Doch nun machte die Stadt aus der Not eine Tugend. Man liess sich vom Njet nicht beeindrucken und stellte eine eigene Velokonferenz auf die Beine. Etwas grossspurig nennt sich die Veranstaltung «erstes Veloforum Schweiz Suisse Svizzera». Es findet am Donnerstag, 23. Mai, ab 8.30 Uhr im Kongresshaus und im Papiersaal im Sihlcity statt. Das Forum soll «eine nationale Inspirationsplattform zum System Velo in der Schweiz» sein. Es referieren und diskutieren «Fachleute aus allen Velobereichen». Der Eintritt beträgt stolze 450 Franken, immerhin inklusive «Velonacht» im Papiersaal. Studierende und Lernende bezahlen 80 Franken. Das ganztägige Forum dient laut den Organisatoren als Auftakt «für eine vielversprechende Zukunft des Systems Velo in der Schweiz» und ist eine der Begleitmassnahmen der UCI Rad- und Para-Cycling-Strassen-Weltmeisterschaften Zürich 2024.
Keine Vernetzung
Der Mediensprecher (und ehemals «Blick»-Chef-Redaktor) Peter Röthlisberger verneint, dass das Veloforum «quasi eine Alternativveranstaltung zur Fachkonferenz in Gent» sei, welche ursprünglich für Zürich vorgesehen war. «Das Veloforum ist eine Begleitmassnahme der Rad-WM 2024 und unterstützt vom Astra.» Deshalb gebe es auch keine Zusammenarbeit mit jener (internationalen) Konferenz.
Wo bleiben die Kritiker?
Das lokale Organisationskomitee Zürich initiierte das Forum und wird dabei vom Bundesamt für Strassen (Astra) unterstützt. Astra-Direktor Jürg Röthlisberger wird im Medientext folgendermassen zitiert: «Wir sehen das Velo nicht als politisches Vehikel, sondern als gleichwertige Mobilitätsform. Für die Freizeit, für das tägliche Pendeln und für die Citylogistik.» Doch was auffällt: Kritische, lokale Expertinnen und Experten, welche Zürichs Velomassnahmen kritisieren, fehlen. Etwa der Verkehrsclub der Schweiz VCS mit Zürichs Aushängeschild Markus Knauss, Umverkehr, Pro Velo Zürich und die Organisation Vélorution. Sie alle sind Alltagsexperten und wissen, wo einem als Velofahrer Gefahren drohen. Hätte das dem Forum nicht mehr Würze und kontroverse Standpunkte gegeben? Darauf angesprochen, sagt Peter Röthlisberger (nicht verwandt mit dem Astra-Chef): «Die grossen Veloverbände sind alle dabei, zum Teil auch in der Trägerschaft. Pro Velo und die Velokonferenz sind sehr kritisch, was die Velopolitik der Gemeinden und des Bundes angehen. Jedenfalls sind die Messer gewetzt, wie ich nach den Vorgesprächen weiss», zudem sei der VCS eingeladen und sitze im Publikum.
Man darf gespannt sein, ob die Tagung nicht einfach eine weitere Art des Schulterklopfens wird. Im Stil von: Wir sind auf gutem Weg und wir sind stolz darauf.