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Essen & Trinken
17.08.2024
19.08.2024 15:15 Uhr

Schleck die Hitze weg — Zürichs Gelateria-Kultur lebt

In der Pasticceria Gelateria «aMA» gibt es klassisches italienisches Gelato ohne Firlefanz.
In der Pasticceria Gelateria «aMA» gibt es klassisches italienisches Gelato ohne Firlefanz. Bild: Tobias Hoffmann
Vor zwanzig Jahren, als die Mediterranisierung Zürichs schon Fahrt aufgenommen hatte, besassen jedoch Eisdielen immer noch Seltenheitswert. Das hat sich in den vergangenen Jahren stark geändert. Aber ob die Versorgung in der ganzen Stadt spielt? Wir haben uns umgesehen.

Tobias Hoffmann

Wahrscheinlich sind Sie zusammengezuckt, als Sie oben das Wort «Eisdielen» gelesen haben. Hierzulande schleckt man ja kein Eis, sondern ein Glace, denkt aber im Grund an Gelato und Italien, an Sonne und Strand. Kein Zufall, dass sich der zurzeit angesagteste Glaceladen der Stadt, geboren an den sonnigen Gestaden der Aare in unserer Bundeshauptstadt, Gelateria di Berna nennt und nun bereits mit mehreren Filialen in Zürich präsent ist. 

Eine gute italienische Gelateria, das wissen die vielen Schweizerinnen und Schweizer, die durch Sommerferien an italienischen Badestränden sozialisiert wurden, bietet «gelato artigianale» an, hausgemachtes Gelato, das weder zu süss noch zu rahmig ist und in der Regel natürliche und intensive Frucht- und Nussaromen entfaltet. 

Jahrzehnte mit Industrieglace

Die Schweizer Glacekultur hingegen war jahrzehntelang durch die industrielle Glace von Frisco und Lusso oder wie sie alle heissen und dann durch die rahmgeschwängerte und amerikanisch angehauchte Glace von Mövenpicks Gnaden geprägt. Der absolute Renner für die Zürcher Stadtjugend waren früher aber die Coupes im Café Stoller am Albisriederplatz, der damals für viele bereits im Kanton Aargau zu liegen schien. 

Der schweizerische Aromengeiz

Nun also der Kulturwandel: Gelato auf italienische Art bekommt man mittlerweile an vielen Orten, und nicht nur entlang der Flaniermeilen am Zürichsee und in der Alt- und Innenstadt. Wobei es nach wie vor schweizerische Besonderheiten gibt. Das Portionieren mit einer Art Spachtel und darauffolgende Abstreichen am Becher oder Cornet, wie es in Italien üblich ist, kommt hierzulande selten vor. Immer noch dominiert die Kugel, und wenn man Pech hat, gibts in der niedersten Preiskate­gorie nur ein Aroma – was für eine Unsitte!

Wo überall aber kommt man zum sommerlichen Schleckgenuss? Um das herauszufinden, sind drei Redaktoren dieser Zeitung ausgeschwärmt, und zwar vorzugsweise in die Quartiere, auf der Suche nach unbekannten Quellen des Gefrorenen. Und sie haben feststellen müssen, dass es in dieser Stadt doch noch einige eisfreie – pardon: glace­freie Wüsten gibt. Ist es ein Zufall, dass sie fast alle im Norden liegen?

Stauffacher: «Rosso Arancio»

Raus aus dem Tram, einen Fussgängerstreifen überqueren, ein paar Schritte noch, dann ist man beim «Rosso Arancio» an der Stauffacherstrasse 37, einer der authentischsten Gelaterien Zürichs. Sie wurde 2017 eröffnet und hat es schon in einigen Rankings ganz nach vorne geschafft. Der Laden ist ohne jeden Schnickschnack, und es gibt hier auch keine absonderlichen Sorten wie Schlumpfeis oder ähnliche Schrecklichkeiten. Das Gelato wird mit dem Spachtel aus grossen Metalltöpfen geholt und in die Coppetta oder auf das Cornetto gestrichen. Schon bei der kleinen Portion für 3.90 Franken gibt es zwei «gusti». Der Kreis 4 ist und bleibt das italienische Herz von Zurigo. (toh.)

www.rosso-arancio.ch

Hier kommt der Spachtel zum Einsatz: Gelateria Rosso Arancio beim Stauffacher. Bild: Tobias Hoffmann

Birmensdorferstrasse, Wiedikon: «La Serenata Gelato»

Im Schaufenster begrüssen drei Stofftiere – zwei Pinguine und ein Eisbär – die Kundschaft. Serena Schlegel hat ihre Gelateria «La Serenata Gelato» an der Birmensdorferstrasse 118 erst im April eröffnet. Dank der gemütlichen Tischchen und der offenen Art der Betreiberin avanciert der Eisladen zu einem Treffpunkt. Und die Glacen sind sehr fein. Eine Geschmacksrichtung kostet 4.50 Franken, zwei gibt es für 7.50 Franken. Richtige Schleckmäuler wählen drei Geschmacksrichtungen für 9.50 Franken. (pat.)

Die Newcomerin: Serena Schlegel hat ihre Gelateria «La Serenata Gelato» in Wiedikon erst im April eröffnet. Bild: Pascal Turin

Glattzentrum: «Gelateria Leonardo»

Stutzig macht die lange Schlange an einem Mittwochnachmittag. Sind die Glacen hier im Glatt wirklich so gut? Tatsächlich überzeugen die angebotenen Gelati restlos. Hinter der mondän wirkenden Glace-Theke steht der klassische Familienbetrieb Perizzato aus Stallikon. Dieser betreibt auch noch weitere Filialen an guten Passantenlagen wie am Hauptbahnhof und in der Sihlcity. (ls.)

www.gelaterialeonardo.ch

Die Gelateria Leonardo, 1999 gegründet, war eine Vorreiterin in Zürich. Die in Stallikon hergestellte Glace wird nicht nur im Glattzentrum, sondern auch in der Sihlcity und am Hauptbahnhof verkauft. Bild: Lorenz Steinmann

Hardplatz, Kreis 4: «Giro d’Italia»

Der Hardplatz ist nicht gerade Zürichs «sexiest place to be»: Niemandsland zwischen der Hardbrücke und den lebendigen Vierteln beim Lochergut. Doch seit drei Jahren gibt es hier gutes italienisches Eis, für das sich ein Abstecher lohnt. Aber warum nur sind die Preise starr? 3.50 Franken pro Kugel, ohne Mengenrabatt – auch bei grösseren Mengen nicht. (toh.)

Es ist nicht immer der vollständige «Giro d'Italia» verfügbar, aber genügend «gusti» gibt es allemal. Bild: Tobias Hoffmann

Berninaplatz, Oerlikon: «Diamante Gelateria»

Nur schon die Adresse verpflichtet: Berninaplatz! Höchster Berg Graubündens. Ewiger Schnee. Sonne pur. Die «Diamante Gelateria & Café» lässt wie der Berg keine Wünsche offen und hält die Ehre von Zürich-Nord in Sachen Gelateria hoch. «Italianità» wird hier zelebriert, es gibt sogar einen Eisburger (Brioche mit Glace). Besonders schön: das kleine Gärtli mit einigen Tischen und einem lieblichen grünen Wiesli. Und für alle Retro-Fans: Hier gibt es noch das berühmt-berüchtigte Spaghettieis. (ls.)

www.gelateria-diamante.ch

Auf dem Heimweg nach Oerlikon: Stopp am Berninaplatz! Und Gelato schleckend weiterfahren. Bild: Lorenz Steinmann

Albisriederstrasse 253: «aMA Pasticceria Gelateria Italiana»

Wenn man hier nur irgendwo unter Parkbäumen flanieren könnte! Das Gelato von «aMA» macht unbedingt Lust darauf, es ist so italienisch, wie Gelato nur sein kann. Man beachte die dritte Wanne von rechts oben: Variegato Amarena. Klassisch und sehr fein wie auch die übrigen «gusti». Immerhin ist das «aMA»-Café durchaus einladend, und man kann auch im Innenhof seine Lieblingsglace schlecken. Aber erst wieder ab dem 6. August! Bis dahin: Chiuso per ferie! In Italia, speriamo. (toh.)

www.ama-chitiama.ch

Achtung: Betriebsferien vom 22. Juli bis 5. August!

«aMA» ist auch ein modern-elegantes Café im Geschäftshaus Yond auf dem Siemens-Areal. Bild: Tobias Hoffmann
Tobias Hoffmann/Zürich24
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