Dominique Rais
Sie gilt als erste namentlich bekannte Schweizer Malerin der Geschichte: die Stadtzürcherin Anna Waser (1678–1714). Als fünftes Kind des Notars und Schirmschreibers Johann Rudolf Waser und dessen Ehefrau Esther Müller wuchs sie in einer wohlhabenden und angesehenen Familie im «Haus zum Grauen Mann» an der Münstergasse 19 im Zürcher Niederdorf auf.
Schon in jungen Jahren erkannte und förderte ihr Vater das künstlerischeTalent seiner Tochter und liess sie Malunterricht nehmen – allen damals geltenden gesellschaftlichen Konventionen zum Trotz. In der Folge schuf die aufstrebende Künstlerin im Jahr 1691 – im Alter von gerade einmal 12 Jahren – ihr wohl bekanntestes Selbstporträt. Das einzige von Waser erhaltene Ölgemälde zeigt das junge Mädchen in Patriziertrachtmit Pinsel und Farbpalette neben ihrer Staffelei, wie sie ihren einstigen Kunstlehrer porträtiert.
Mit 14 Jahren wurde Waser von ihrem Vater zu Joseph Werner (1637–1710),einem zu seiner Zeit führenden Maler, der auch für den französischen KönigLudwig XIV. (1638–1715) tätig war, nach Bern geschickt, um in dessen «Lernwerkstatt für Malerei» ihre Fähigkeiten weiter zu vertiefen – mit Erfolg, wie sich zeigen sollte.
Wasers künstlerischer Nachlass
Zurück in Zürich machte sich Waser als Miniaturmalerin einen Namen. IhreFähigkeiten als Künstlerin, Zeichnerin, Radiererin und Kalligrafin sprachen sich schon bald herum. Und so kam es, dass Waser im Jahr 1700 im Alter von 21 Jahren die Schweiz verliess, um als Hofmalerin am Schloss Braunfels an der Lahn für den preussischen Grafen Wilhelm Moritz von Solms-Braunfels (1651–1724) zu arbeiten. Ihre Anstellung dauerte rund zwei Jahre, bevor sie schliesslich wieder nach Zürich zurückkehrte, wo sie bis im Jahr 1708 künstlerisch tätig war.