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Kultur
27.08.2024
26.08.2024 17:15 Uhr

Die vernetzte Stadt Zürich

Besichtigen, was sonst nicht zugänglich ist: Renovationsarbeiten in der Alten Börse in Zürich.
Besichtigen, was sonst nicht zugänglich ist: Renovationsarbeiten in der Alten Börse in Zürich. Bild: Amt für Städtebau, Julie Haller
Jährlich finden im September europaweit Tage des Denkmals statt. Der Kanton Zürich hat dieses Jahr das Motto «Zürich vernetzt» gewählt. Wir stellen vier Stadtzürcher Beispiele vor: Vernetzung von Grünraum, Verkehr und Telekommunikation.

Tobias Hoffmann

Zwei Weltkriege und die beschleunigte Modernisierung seit den 1950er-Jahren haben dem historischen Bestand an Bauten und Infrastruktur in Europa stark zugesetzt. Die nach wie vor reiche historische Bausubstanz spielt für die Identität der Städte und Länder und vor allem auch für den Tourismus jedoch eine äusserst wichtige Rolle.

Es ist wohl kein Zufall, das es vor vierzig Jahren der innovative französische Kulturminister Jack Lang war, der in seinem Land Tage der offenen Denkmale lancierte. Frankreich gehört zu den Ländern mit dem reichsten kulturellen Erbe und weist einige der grössten touristischen Attraktionen weltweit auf, namentlich die Hauptstadt Paris.

Ursprünglich als Experiment gedacht, hatte Langs Initiative grossen Erfolg und führte schnell zu einer Ausweitung auf andere Länder. 1992 richtete der Europarat, ein Forum für Debatten über europäische Fragen mit Sitz in Strassburg, ein Büro für die Denkmaltage ein. In der Schweiz wird diese Veranstaltung seit 1994 unter dem Titel «Europäische Tage des Denkmals» durchgeführt. Der besondere Reiz der Denkmaltage besteht darin, dass sie oft den Zugang zu Gebäuden ermöglichen, die sonst nicht öffentlich zugänglich sind. Eine der Stadtzürcher Führungen gilt dieses Mal der Alten Börse an der Bahnhofstrasse 3, die sich derzeit im Umbau befindet.

Von dem guten Dutzend Veranstaltungen auf Stadtzürcher Boden stellen wir hier vier mit Text und Bild vor.

Quaianlage am Zürichhorn: Blick auf den Kiosk der Fischerstube. Bild: Giorgio von Arb

Ein Wegnetz im Grünen rund ums Seebecken

Noch bevor Zürich durch die ersten Eingemeindungen 1893 zur Grossstadt wurde, war die Stadt mit den umliegenden Gemeinden zusammengewachsen. 1887 wurden als Gemeinschaftswerk der drei Gemeinden Zürich, Enge und Riesbach die Quaianlagen eingeweiht, die vom Hafen Enge bis zum Hafen Riesbach reichten. Sie machten mit ihrem Wegnetz die Seeufer für die stark gewachsene Bevölkerung zum Naherholungsraum.

Anlässlich der Landesausstellung 1939 und der legendären Gartenbauausstellung G 59 wurden verschiedene Eingriffe in die Anlagen vorgenommen. In den 1960er-Jahren schliesslich forderten Verkehrsplaner eine Verbreiterung der Bellerivestrasse, um den stark angewachsenen Verkehr zu meistern. Dies sollte zulasten der historischen Seepromenade am Utoquai gehen. Als Ersatz wurde eine neue, in Seerichtung verschobene Promenade gebaut. Da man später auf die Strassenverbreiterung verzichtete, kann man heute zum Glück doppelt promenieren.

Am Samstag, 7. September, werden zwei Führungen (9 und 11.30 Uhr) vom Bellevue ans Zürichhorn angeboten.

Die Tage der 1972/73 neu erbauten Gemüsebrücke sind gezählt. Bild: Bild Amt für Städtebau, Juliet Haller

Zürichs älteste Verbindung der Limmatufer

Seit kurzem stellt das Amt für Städtebau im Internet ein 3D-Modell der Stadt Zürich, wie sie um 1500 ausgesehen hat, zur Verfügung. Darauf kann man erkennen, dass die Rathausbrücke (Gemüsebrücke) damals die einzige befahrbare Überquerung der Limmat in der Stadt war. Und auch die einzige bis Baden, wie man auf der Website der Stadt lesen kann. Die eminente Bedeutung der seit Jahrhunderten platzartig ausgebauten Brücke für Stadt und Region leuchtet also unmittelbar ein.

Anlass für die Aufnahme ins Veranstaltungsprogramm mag aber die Tatsache sein, dass die 1972/73 neu gebaute Brücke bald ersetzt wird. Bis 2028 soll eine filigranere, trapezförmige Brücke entstehen. Vor allem aber wird durch eine Änderung der Pfeilerkonstruktion und ein Absenken der Limmatsohle die Abflusskapazität der Limmat erhöht – zugunsten des Hochwasserschutzes. Die Gemüsebrücke ist also kein historisches Baudenkmal mehr, aber ein Zeugnis für die sich stetig wandelnden Anforderungen an diesen Übergang im Herzen der Stadt.

Führungen am Samstag, 7. September, um 13.30, 15 und 16.30 Uhr.

Frisch renoviert: frühere Telefonzentrale an der Füsslistrasse. Bild: Bild Amt für Städtebau, Juliet Haller

Die verschwundene Telefonzentrale in der City

Nach den bleiernen Jahren, die dem Ersten Weltkrieg folgten, setzte 1925 in ­Europa ein Wiederaufschwung ein, der sich bis zum Börsencrash 1929 zu einem richtiggehenden Boom entwickelte. In Zürichs City zwischen Bahnhofstrasse und Sihl wurde heftig gebaut. Mit dabei das schon seit Jahrzehnten überaus erfolgreiche Architekturbüro Pfleghard & Häfeli, Erbauer unter anderem des pompösen Hauses «Trülle» und des Warenhauses Brann an der Bahnhofstrasse oder auch etwa der markanten Kirche Oberstrass. Ein Spätwerk von ihnen ist die sachlich gehaltene Telefonzentrale an der Füsslistrasse 6, fertiggestellt im Jahr 1926. Damals wurde das Zürcher Telefonnetz, das älteste der Schweiz, bedeutend ausgebaut, auf dass die bereits globalisierte Wirtschaft mit aller Welt kommunizieren könne.

Führungen am Samstag, 7. September, um 13.30, 15 und 16.30 Uhr.

Ein Blick auf den Grünzug Schörli-Saatlen in Schwamendingen. Bild: Giorgio von Arb

Die Gartenstadt Schwamendingen und ihre Grünzüge

Schwamendingens Image ist bei vielen Zürchern bis heute eher mies – unter ­anderem, weil sie das Quartier im Nord­osten der Stadt nur aus der Autobahnperspektive kennen. Dabei ist Schwa­men­dingen ein Schulbeispiel für das städtebauliche Muster der Gartenstadt: Nach der Eingemeindung 1934 plante das städtische Hochbauamt unter Stadtbaumeister Albert Heinrich Steiner durchgrünte Wohnquartiere mit hoher Lebensqualität. Ihr Merkmal sind unter anderem parkartige Grünzüge, an denen sich öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Kirchen und das Freibad befinden. Wie aber wird sich die Gartenstadt entwickeln? Der Verdichtungsdruck ist hoch, und der nun fertiggestellte Ueberlandpark wird ihn weiter verstärken ...

Führungen am Samstag, 7. September, um 9 und 11.30 Uhr. Treffpunkt: Spielplatz Schörli, Riedgrabenweg.

Weitere Informationen:

stadt-zuerich.ch/denkmaltage

Tobias Hoffmann