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Zürich West
15.10.2024
08.11.2024 09:19 Uhr

Dem Strassenlärm trotzen

Ansicht des geplanten Neubaus von der Hohlstrasse her.
Ansicht des geplanten Neubaus von der Hohlstrasse her. Bild: Visualisierung zVg
Lohnt es sich, an einem lärmigen Abschnitt der Hohlstrasse neu zu bauen? Die Gemeinnützige Bau- und Mietergenossenschaft Zürich zeigt bei der Siedlung Stüdli, wie das gehen kann.

Tobias Hoffmann

Der Abschnitt der Hohlstrasse zwischen dem Polizei- und Justizzentrum und dem Hardplatz im Kreis 4 ist eine der trostloseren Strassenschluchten Zürichs mit vier Autospuren, Tramgleisen und völliger Absenz von Bäumen. Kein Wunder, dass hier hohe Lärmwerte gemessen werden. Dennoch befinden sich auf der Südseite auf der ganzen Länge Wohnbauten. Fast der ganze Blockrand wird von einem Teil der Siedlung Stüdli eingenommen, welche die Gemeinnützige Bau- und Mietergenossenschaft Zürich (GBMZ) 1931 erbaute. Ein weiterer Teil umschliesst den Stüdliweg, der die Siedlung von der Ernastrasse her quert, ein dritter schmiegt sich an die Ernastrasse selbst. Neben der lärmigen Seite gibt es also auch einen geschützten Innenhof und eine ruhige Seite auf eine Quartierstrasse hinaus.

Kürzlich hat die GBMZ bekannt gegeben, dass sie die Baubewilligung für den Neubau der Siedlung Stüdli erhalten hat. Der Entscheid, die alte Siedlung abzureissen, geht auf das Jahr 2018 zurück. Begründet wurde er vom Vorstand damit, mit einem Neubau könne auf den Lärm der Hohlstrasse besser reagiert werden als mit einer Sanierung. So steht es auf der Website der GBMZ.

Fünf Jahre bis zur Baubewilligung

2018 wurde der Architekturwettbewerb ausgeschrieben, den das Architekturbüro Oester Pfenninger alias op-arch für sich entschied. Im Projektbeschrieb wird unter anderem die Funktion des Stüdliwegs umrissen: Dieser solle «integrierter Teil der neuen Siedlung» werden, «indem er deren begrünten Innenhof durchquert und als Wohngasse ausgebildet die einzelnen Häuser miteinander verbindet». Die Wohngasse bilde einen öffentlichen Raum und werde «sowohl an die Erna- wie auch, mit zwei Durchgängen zur Hohlstrasse, an das städtische Strassennetz angebunden». Sie solle intensiv genutzt werden können, zum Beispiel in Form von Strassenfesten.

Es hat allerdings fünf Jahre gedauert, bis die Baubewilligung eingetroffen ist. Warum? Wiederum gemäss der Website hat die Erarbeitung des Bauprojekts viele Abklärungen erfordert, zu Themen wie Strassenlärm, Wegrecht bei der Durchquerung des Grundstücks, Revision der Bau- und Zonenordnung, städtebauliche Fragen zu den Dachgeschossen oder Subventionierung von Wohnungen.

Neu ausgerichtete Wohnungen

Ein wichtiger Faktor war, dass beim Gebäude zur Hohlstrasse hin eine völlige Umplanung vorgenommen wurde, wie Matthias Lüthi, Geschäftsleiter der GBMZ, auf Anfrage erläutert. Die Wohn- und Schlafräume wurden stärker auf den Hof ausgerichtet. So wurde die Gefahr einer Einsprache wegen Verletzung der Lärmschutzverordnungen minimiert – und tatsächlich sind Einsprachen ausgeblieben.

Das Vorhaben der GBMZ scheint also ein Beispiel dafür zu sein, wie die zahlreichen Verordnungen und städtebaulichen Anforderungen ein Bauprojekt verzögern. Ein kleiner Trost ist, dass die Verzögerung zur Folge hatte, dass rund 300 Studierende im Rahmen einer Kooperation der GBMZ mit dem Jugendwohnnetz länger als erhofft an dieser zentralen Wohnlage ein Unterkommen fanden.

Fast 50 Prozent mehr Bewohner

Der Ersatzneubau der Siedlung entsteht im Rahmen einer Aufzonung. Gemäss Matthias Lüthi werden in Zukunft 370 Personen hier ein Zuhause finden, während es vorher 255 Personen waren – ein Zugewinn von fast 50 Prozent also. Eine der 157 Wohnungen werde eine Pflegewohngruppe mit 12 Bewohnerinnen und Bewohnern sein, welche die Stiftung Alterswohnen in Albisrieden (SAWIA) betreut. Und die Kosten? Rund 90 Millionen, einige Millionen mehr als ursprünglich gedacht. Aber das bewegt sich laut Lüthi innerhalb der einkalkulierten Abweichungen und ist angesichts der Bauteuerung auch kein Wunder.

Dass das Angebot von preisgünstigen und teilweise subventionierten Wohnungen trotz der nicht allerbesten Lage dankbare Abnehmer finden wird, daran besteht kein Zweifel.

Der Ersatzneubau der Siedlung Stüdli wird auch eine Wohngasse enthalten. Bild: Visualisierung zVg
Tobias Hoffmann/Zürich24