Lorenz Steinmann
Eine geballte Ladung an städtischen Vorlagen gelangen heute Sonntag vors Stimmvolk. Es sind Paradebeispiele dafür, was dank direkter Demokratie möglich ist. Wir bringen einen Überblick auf Basis des Abstimmungsbüchleins und der Reihenfolge gemäss Abstimmungscouvert.
Die ersten beiden Vorlagen sind vom Ablauf her die kompliziertesten. Die Stimmberechtigten entscheiden gleichzeitig über den direkten und den indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Bezahlbare Wohnungen für Zürich». Die Volksinitiative wurde zurückgezogen. Deshalb wird darüber nicht abgestimmt. Einfach gesagt geht es darum, dass die Stadt und ihre Wohnbaustiftungen mehr Liegenschaften und Grundstücke kaufen. Damit sollten sie günstigen Wohnraum schaffen. Dazu braucht es eine Änderung der Gemeindeordnung (Vorlage 1). Zusätzlich soll es eine Übertragung von 300 Millionen Franken städtischen Vermögenswerten zur Aufstockung der Stiftungskapitalien der vier städtischen Wohnbaustiftungen geben. Im Gemeinderat gab es für beide Vorlagen dank Links-Grün ein knappes Ja. Auch der Stadtrat ist für die beiden Vorlagen. FDP, SVP, Mitte und EVP lehnen die Gegenvorschläge hingegen ab. Zürich brauche unbedingt mehr Wohnungen für alle und nicht noch mehr Subventionen für wenige, so der bürgerliche Tenor. Die GLP lehnt ebenfalls beide Gegenvorschläge ab, weil sie «dem Trend von zu wenig bezahlbaren Wohnungen nicht entgegenwirken werden».
Zur dritten Vorlage: Die Stadt hat im Juni 2022 den Genderstern für ihre Texte eingeführt, um alle Geschlechter anzusprechen. Ein Beispiel: Die «Bewohner*innen». Die Volksinitiative «Tschüss Genderstern!» verlangt, dass die Stadt auf den Genderstern und andere Sonderzeichen innerhalb von Wörtern verzichtet. Sie soll eine klare Sprache verwenden. Das Thema beschäftigt die Öffentlichkeit und die Medien stark. Für nicht wenige Bürgerinnen und Bürger ist der Genderstern ein Zeichen der «woken» Gesellschaft, ein Symbol der Bevormundung gar. Stadt- und Gemeinderat hingegen lehnen die Initiative ab. Beide verzichten auf einen Gegenvorschlag. Ja zur Initiative sagen FDP, SVP, Mitte und EVP, dagegen sind SP, Grüne, GLP und AL. Die Initiativgegner argumentieren, dass die Stadt sich mit dem Genderstern dafür einsetze, dass alle Menschen mit Respekt behandelt würden. «Geschlechtergerechte Sprache trägt dazu bei», heisst es dazu. Das Initiativkomitee findet, dass der Genderstern behördliche Texte unverständlich mache und zu grammatikalisch falschen Formen und zu Rechtsunsicherheit führe. Diese Zeitung übrigens verzichtet ebenfalls auf den Genderstern, nicht aber auf die möglichst konsequente Nennung der männlichen und weiblichen Form.