«Ich mache, was ich will, und nicht, was gefragt ist», sagt Lâle Selçuk zurückhaltend, aber sympathisch. Die Kunstmalerin, die den Vorkurs an der Kunstgewerbeschule in Zürich besucht hat und dann ein mehrjähriges Kunststudium in London absolvierte, nennt Henri Rousseau, Georgia O’Keeffe und Edward Hopper als ihre Vorbilder. Also alles Kunstschaffende, welche dem Realismus zugeneigt waren. Eben so, wie auch Lâle Selçuk gerne malt. Dabei kann sie Tage, ja Wochen an einem Bild arbeiten. Gründe sind die vielen Farbschichten, aber auch die enorme Detailtreue. Die Bilder wirken sehr plastisch und haben eine fesselnde Tiefenwirkung. Faszinierend ist, wie Selçuk eintauchen kann ins Malen und alles um sich herum vergessen kann. Etwa, wenn sie wochenlang im Garten einer Villa beim Sonnenberg eine verwunschene Gartenlandschaft malt oder im Engadiner Hochsommer die Seenlandschaft auf Leinwand bannt.
Sie kann sich aber auch auf den Dachboden ihres Elternhauses zuoberst in Hottingen verkriechen, wo sie auf engstem Raum vor allem Porträts malt. Ihr Elternhaus, das ist ein über 100-jähriges Mehrfamilienhaus, das ihr Grossvater und damalige Direktor von Welti-Furrer kaufte. Einen türkischen Nachnamen trägt Lâle Selçuk, weil sich ihre Mutter mit einem Türken vermählte, den sie im Dolder-Wellenbad kennenlernte. Er studierte an der ETH Bauingenieur. Lâle Selçuk ehrte diese schöne Geschichte, indem sie vor einigen Jahren eine grosse Serie von Bildern mit Sujets aus dem Dolderbad schuf. Dass alle Bilder verkauft wurden, sagt die Mutter von zwei Töchtern nur so nebenbei.
Ihren Lebensunterhalt bestreitet die 1962 geborene und jetzt just 62-Jährige neben dem Bilderverkauf als Angestellte des Alterszentrums Hottingen. Dort arbeitet sie Teilzeit im Restaurant. So hat sie viele ältere Mitmenschen kennengelernt, die sich gerne porträtieren liessen. Etwa den berühmten «Füsslimeyer», einen angesehenen Orthopäden mit Praxis im Roten Schloss oder zwei 100-jährige, feiernde Mieterinnen im Alterszentrum.
Nun organisiert Lâle Selçuk ihre siebte und zugleich grösste Solo-Kunstausstellung. Für sie ist das Alterszentrum Hottingen ein idealer Ort. «Zentral gelegen und modern», sagt sie bescheiden. Hier kann sie alles selber organisieren und ist keinem Galeristen Rechenschaft schuldig. Die Vernissage ist am Samstag ab 17 Uhr. Der 2. November übrigens, bei uns Allerseelen, wird in vielen Ländern als «Dia de los muertos» gefeiert. Etwas, was Lâle Selçuk mit einem speziellen Bild verewigt hat. Auch jenes wird gezeigt bei der Ausstellung.