«Illegale» Tschechinnen und türkische Räuberbande
«Es ging kriminell und gewalttätig zu und her», erinnert sich Heidbrink an die Anfänge zurück, während er genüsslich an einer E-Zigarette zieht. Im Pascha sei schon auf ihn geschossen worden, hätte eine türkische Bande erfolglos versucht die Kasse zu plündern und seien in einem kalten Winter bei einer Razzia illegal anwesende Tschechinnen in der Unterwäsche auf die Strasse hinaus geflüchtet. «Der Polizist rannte ihnen hinterher, kam aber nicht weit, weil er auf dem glatten Untergrund alsbald das Gleichgewicht verlor.» Wildwest-Szenen im Westen Zürichs.
Preise liegen im Keller
Was die Verdienstmöglichkeiten für Dienstleisterinnen betraf, so herrschte Goldgräberstimmung. «Für Schweizerinnen war der Einstieg ins Gewerbe einfach, weil es finanziell lukrativ war. Eine Dame verdiente locker so viel wie ein Bankdirektor», rechnet Heidbrink anhand des damals branchenüblichen Servicepreises von 300 Franken die halbe Stunde vor. Auch für ihn als Betreiber sei die Marge «sehr gut» gewesen. 40 Jahre später präsentiert sich die Situation anders: Die Preise lägen im Keller, der Service, wie das in der Szene heisst, koste noch die Hälfte von dem was er einst gekostet habe und dies trotz fast doppelt so hohen Durchschnittslöhnen. Und Schweizerinnen seien eine Seltenheit geworden.
Die meisten so genannten Dienstleisterinnen stammten aus Osteuropa. Irgendwann würden aber auch die Rumäninnen und Polinnen nicht mehr kommen, ist sich Heidbrink sicher, weil das ökonomische Wachstum in ihren Herkunftsländern dasjenige der Schweiz überholt habe. Was die «Qualität der Frauen» betreffe, insbesondere die Optik, wie sich Heidbrink ausdrückt, sei der Zenit überschritten. «Damit das Niveau aufrecht erhalten werden kann und weiterhin Frauen bereit sind, diesen schwierigen Job auszuüben, müssen die Preise wieder steigen.»
Von 50 Salons zu einer Handvoll
Als Heidbrink das Pascha übernahm, gab es in der Stadt Zürich rund 50 Sex-Salons, heute existieren nur noch eine Handvoll. Dafür gebe es immer mehr Massage-Studios, wie der Milieu-Unternehmer beobachtet. Auch das Pascha ist auf diesen Zug aufgesprungen und bietet unter dem Label «About Hands» reine Massagedienstleistungen an. Weil sich für diese Art von Dienstleistungen einfacher ortsansässige Frauen finden liessen.
Die Diskretion: Störendes Rotlicht vor dem «Rotlicht»
Bis am 1. August 2010 rollte der Transitverkehr direkt an der Haustüre vorbei. Seither ist die ehemalige «Westtangente» – Quartierbewohner sprachen auch von der «Pesttangente», wegen den vielen Abgas- und Lärmimmissionen – verkehrsberuhigt. Hat sich die Verbannung des Durchgangsverkehrs auf die Kundenfrequenzen ausgewirkt? «Nicht wirklich», sagt Heidbrink. Die «Laufkundschaft» komme nach wie vor, denn sie müsse ja buchstäblich zum Club laufen. Für die Kunden habe sich die Neugestaltung aber insofern positiv ausgewirkt, als dass die Rotlichtanlage, die auf der Höhe des Gebäudes installiert war, entfernt wurde. «Früher konnten alle, die an der Ampel warteten sehen, wer bei uns ein- und ausging. Heute ist es ein bisschen diskreter.»
Weitermachen bis zum Verbot
Das Pascha war für ihn von Anfang an eine Herzensangelegenheit, das er auch ganz nach seinem Gusto eingerichtet hat. Er, der in seiner Freizeit auch am Steuer von Privatflugzeugen sitzt, hat zum Beispiel den Empfangsbereich einer Flughafen-Lounge nachempfunden. Der Club bereite ihm weiterhin viel Freude und werde von einem Frauen-Trio zu seiner Zufriedenheit geführt. Solange bis ein Prostitutionsverbot der Branche den Garaus macht, will Heidbrink mit dem Pascha und seinen anderen Betrieben weitermachen.
Auffallend viele Polizeikontrollen
Etwas weniger Freude bereitet dem umtriebigen Unternehmer jedoch die Zusammenarbeit mit den Behörden. Die gestalte sich heute noch gleich mühsam wie zu seinen Anfangszeiten. Dies, so betont er mit Nachdruck, betreffe nur die Stadt Zürich. Bei all seinen anderen Clubs ausserhalb der Stadt und in anderen Kantonen, verlaufe die Zusammenarbeit mit den polizeilichen Instanzen problemlos. Konkret störe es ihn, dass das Pascha gehäuft kontrolliert werde. Er vermutet, dass es mit der zentralen Lage, unweit der Verwaltungsgebäude der Stadt, zusammenhängt. «Wenn die Polizei alle Clubs so oft besuchen würde wie das Pascha, müsste sie ihren Personalbestand um das 100-fache aufstocken.» Ein Vorwurf, der von der Stadtpolizei auf Anfrage bestritten wird. Sexgewerbliche Betriebe werden im Schnitt 6 bis 8 Mal pro Jahr durch die Fachgruppe Milieu- und Sexualdelikte der Stadtpolizei Zürich kontrolliert, wie die Medienstelle mitteilt. Dies treffe auch auf das Pascha zu.
Zum Abschluss hält Heidbrink fest, dass das Gewerbe – im Vergleich zu den frühen 1980er-Jahren, als er im Milieu erstmals Fuss fasste – viel seriöser geworden sei. «Es ist heute schon fast langweilig, denn die Action von damals fehlt.»