Im Zürcher Gemeinderat wurden zum Nahost-Konflikt, dessen Folgen bis nach Zürich reichen, zwei Postulate eingereicht. Postulate sind die meistgewählte Art von Vorstössen in diesem Gremium. Dabei handelt sich um einen unverbindlichen Prüfungsauftrag, für den der Stadtrat zwei Jahre Zeit hat. Es gibt Forderungen, die der Stadtrat jeweils auf die lange Bank schiebt. Doch es kann auch schnell gehen, zum Beispiel, wenn der Stadtrat ein Anliegen als prioritär einstuft.
Ein Anschauungsbeispiel für die unterschiedlich schnelle Reaktion liefern die besagten Postulate zum Nahostkonflikt. Nach verschiedenen antisemitischen Vorfällen hat der Gemeinderat dem Stadtrat im Dezember 2023 einstimmig (!) ein Postulat überwiesen, in dem dieser aufgefordert wird, diesbezüglich aktiv zu werden und «den Antisemitismus in der Stadt Zürich wirksamer zu bekämpfen». Ein Jahr später muss konstatiert werden, dass immer noch keine relevanten Schritte in diese Richtung unternommen wurden, denn seither häufen sich die antisemitischen Vorfälle.
So wurden jüdische Läden und israelfreundliche Medienhäuser mit umgekehrten roten Dreiecken besprayt, ein Symbol, das die Hamas zur Identifizierung ihrer nächsten Ziele braucht. In einem städtischen Theater wurde einer Schauspielerin vertraglich zugesichert, dass sie nicht mit Juden auf der Bühne stehen muss. In einem städtischen Kulturzentrum wurde zur «Intifada», also zum Mord an Juden, aufgerufen und T-Shirts mit diesem Schriftzug an die Zuschauer verteilt. In anderen Kulturzentren traten antisemitische Hassredner auf, ohne Folgen für die Institutionen. An von der Stadt bewilligten Demonstrationen (die letzte vor einer Woche) wurde in Sprechgesängen die Auslöschung des jüdischen Staates gefordert. Auch dieser Vorfall blieb vom Stadtrat unkommentiert.
Ende Juli 2024 wurde der Stadtrat in einem anderen Postulat dazu aufgefordert, zu prüfen, ob er dem Palästinenser-Hilfswerk UNRWA, deren Mitglieder erwiesenermassen an den terroristischen Anschlägen gegen Israel teilgenommen haben, einen «substanziellen Beitrag» spenden könne.
Die Einreichung dieses Vorstosses erfolgte nach heftiger Diskussion und mit einer Mehrheit von 58 gegen 47 Stimmen. Nur vier Monate später verkündete der Stadtrat, dass er bereits eine Zahlung für das von der Hamas unterlaufene Hilfswerk in der Höhe von 380 000 Franken ausgelöst habe. Wenn es um Palästinenser geht, kann es dem Stadtrat nicht schnell genug gehen, während die Sicherheit der Zürcher Juden offensichtlich zweite Priorität hat.