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Stadt Zürich
20.12.2024

«Echo vom Züriberg», «Vorstadt», «Züri Leu»: Ein Blick in den verschwundenen Blätterwald

Die Quartierzeitung «Zürich 2» wurde vor fast genau 90 Jahren von der Verlegerfamilie Schürch gegründet. Der Klassiker: Die Firma betrieb in Wollishofen eine Druckerei und da war die Herausgabe einer eigenen Zeitung naheliegend.
Die Quartierzeitung «Zürich 2» wurde vor fast genau 90 Jahren von der Verlegerfamilie Schürch gegründet. Der Klassiker: Die Firma betrieb in Wollishofen eine Druckerei und da war die Herausgabe einer eigenen Zeitung naheliegend. Bild: ls.
Sie waren fast ein Jahrhundert lang die dominante Zeitungsstimme verschiedener Stadtquartiere: der «Züriberg» und der «Zürich 2». Später kamen der «Zürich West» und der «Zürich Nord» dazu. Jetzt geht eine Zeitungsära zu Ende. Somit geht es uns wie Titeln wie der «Vorstadt» und dem «Züri Leu».

Wer aktuell hadert mit dem Niedergang der Medienwelt, mit dem Verlust von Medientiteln und dem Abbau von Informationen aus den Quartieren, der hat durchaus recht. Aber es ist eine Entwicklung, die es schon in früheren Zeiten gab. Zäsuren waren die Eingemeindungen 1893 und 1934, als die vormals selbstständigen Gemeinden wie Oerlikon, Affoltern, Wollishofen und Witikon einen Grossteil ihrer Identität verloren. Der «Tages-Anzeiger» und auch die «Neue Zürcher Zeitung» bauten ihren Zürich-Teil stark aus.

Gestandene Quartierzeitungen wie das «Echo vom Zürichberg» – übrigens ein wunderbarer Name für jene im Norden Zürichs erscheinende Abo-Zeitung –  hatten zu beissen und mussten sich mehr Mühe geben, redaktionell mitzuhalten. So florierte die lokale Zeitungswelt erstaunlich lange, auch neben dem Platzhirsch, dem «Tagblatt der Stadt Zürich», das seit 1730 erscheint und seit 1863 amtlich ist. 

  • Ihr Geschäftsmodell waren Quartiermeldungen und Adressänderungen. Ende Jahr wurden die Ausgaben als Buch gebunden und abermals herausgegeben. Das ging von 1899 bis 1918 gut. Bild: zvg.
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  • Die katholisch geprägten «Neuen Zürcher Nachrichten» erschienen von 1895 bis 1991. Bild: zcg.
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  • Die «Seebacher Nachrichten» hatten in den 1980er-Jahren eine Auflage von 9000 Exemplaren. Bild: zcg.
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  • Das schöne Kunstwort «Zürich West» nutzte die Lokalinfo, um ab 1988 eine mehrere Quartiere abdeckende Quartierzeitung herauszugeben. Die Band Züri West aus Bern wurde übrigens schon 1984 gegründet. Bild: ls.
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Der Zürcher Zeitungskampf

Mit dem Erscheinen im Jahr 1967 der Gratiszeitung «Züri Leu» erwuchs dem «Tagblatt der Stadt Zürich» eine heftige Konkurrenz auf dem Anzeigenmarkt. Es sah sich 1974 gezwungen, auf Gratisverteilung umzustellen. Dann folgten Wirren und Verkäufe, 2005 übernahm das «Tagblatt» die Quartierzeitung «Die Vorstadt», die in Zürich-Nord mit rund 37  000 Exemplaren jeweils mittwochs erschien. Schnell war klar, dass es für zwei so grosse Gratiszeitungen keinen Platz hatte in Zürich. 2008 war Schluss mit der «Vorstadt».

Dazu trug sicher auch der Boom der aufgekommenen Pendlerzeitungen bei, neben dem heute noch bestehenden «20 Minuten» gab es zum Beispiel die «Metropol», die «Heute» und später den «Blick am Abend». Jenes von Montag bis Freitag ab 16 Uhr verteilte Blatt hatte immer eine Doppelseite mit lokalen Nachrichten drin, recht häufig wurden Artikel unserer Quartierzeitungen «Züriberg», «Zürich 2», «Zürich West» und «Zürich Nord» aufgenommen. Doch auch beim «Blick am Abend» war irgendwann Schluss. 2018 erschien die letzte gedruckte Ausgabe. Damaliger Chefredaktor war übrigens Peter Röthlisberger, der seinen ersten Chefposten beim «Züriberg» in den 90er-Jahren innehatte. 

Eine kleine Randnotiz sei noch der «Wiediker Post» gegönnt. Walter L. Blum wollte 2020 jenes traditionsreiche Quartierblatt neu aufleben lassen, musste aber schnell einsehen, dass das lokale Interesse dafür zu klein war. 

Und so geht es nun also auch dem «Züriberg», dem «Zürich West», dem «Zürich 2» und dem «Zürich Nord». Sie sind nun in der gewohnten Form Geschichte. 

Lorenz Steinmann/Zürich24