Sie kommen, wenn die Stimmung kippt. Wenn Flaschen fliegen, Barrikaden brennen und der Lärmpegel steigt. Dann ziehen Polizisten der Stadt Zürich ein Mittel aus dem Arsenal, das effektiv und heftig zugleich ist: Gummischrot. Er trifft schnell, lautlos und manchmal ins Auge. Wortwörtlich.
Waffe der Ordnung
In keiner Schweizer Stadt wird Gummischrot so oft eingesetzt wie in Zürich. Ob bei Demonstrationen, unbewilligten Kundgebungen oder Fussballausschreitungen. Immer wieder greifen Ordnungskräfte zu dem sogenannten «Distanzmittel». Es soll aufhalten, abschrecken, deeskalieren, aber nicht töten.
Doch genau dieser Balanceakt ist umstritten. Kritiker sprechen von einem gefährlich unpräzisen Instrument, das auf der Strasse nichts verloren habe. Befürworter sehen darin ein notwendiges Übel in Zeiten zunehmender Gewaltbereitschaft.
Unterschätzt und ungenau
Gummischrot ist kein Spielzeug. Die Hartgummi-Projektile, abgefeuert mit speziellen Schusswaffen, treffen mit Wucht. Offiziell gilt ihr Einsatz als «verhältnismässiger Zwang» sofern Mindestabstände eingehalten werden und auf Körperzonen gezielt wird, die keine bleibenden Schäden verursachen sollen.
Doch in der Realität ist Präzision Mangelware. Es gibt immer wieder Berichte über schwere Verletzungen, verlorene Augen, gebrochene Kiefer und langwierige Traumata. Wer mitten im Gedränge getroffen wird, hat oft keine Chance auszuweichen.
Ein Zürcher Dilemma
Die Stadt Zürich steht damit exemplarisch für ein Dilemma, das viele europäische Städte beschäftigt: Wie lässt sich öffentliche Sicherheit gewährleisten, ohne unverhältnismässige Gewalt auszuüben?
Die Polizei verweist auf zunehmende Gewaltbereitschaft in gewissen Szenen. Vermummung, Pyrotechnik, gezielte Angriffe auf Einsatzkräfte, Szenarien, bei denen Kommunikation nicht mehr weiterhilft. Gummischrot wird dann zum letzten Mittel vor dem physischen Zugriff.