Das Bahnprojekt Mehrspur Zürich–Winterthur verschlingt deutlich mehr Geld als geplant. Der Brüttener Tunnel, das Herzstück der Ausbaustrecke, wird um rund 430 Millionen Franken teurer. Statt 2,84 Milliarden Franken wie noch 2024 kalkuliert, rechnet das Bundesamt für Verkehr (BAV) nun mit Gesamtkosten von 3,27 Milliarden. Das geht aus dem aktuellen Standbericht 2024 hervor, wie der Tages-Anzeiger am 29. Juli berichtete.
550 Millionen
SBB-Sprecherin Carmen Hefti bestätigt die Zahlen und kündigt gegenüber dem Tages-Anzeiger an, dass im Standbericht 2025 eine aktualisierte «Endkostenprognose» folgen soll. Rechne man die allgemeine Teuerung mit ein, käme man auf bis zu 550 Millionen Franken Mehrkosten.
Bau unter Betrieb
Die Gründe für die Explosion der Baukosten sind vielfältig. Das Bauvorhaben ist technisch äusserst anspruchsvoll, da es im dicht besiedelten Raum bei laufendem Bahnbetrieb realisiert werden muss. Zudem seien mehrere Teilprojekte wie Bahnhöfe oder Unterführungen angepasst worden. Beispielsweise müssten vier Bahnhöfe – Winterthur-Töss, Wallisellen, Dietlikon und Bassersdorf – behindertengerecht und aufwendig umgebaut werden.
Hinzu kämen neue gesetzliche Anforderungen, etwa bei Lärmschutzwänden und Begrünungen. Auch müssen Unterführungen nun getrennt für Fussgänger und Velofahrer geplant werden. Zudem steigen die Materialkosten.
Steuerzahlende finanzieren
Finanziert wird der Tunnel nicht direkt von der SBB, sondern über den Bahninfrastrukturfonds (BIF) des Bundes. Dieser wird unter anderem aus allgemeinen Bundesmitteln, der Mehrwertsteuer, der Mineralölsteuer und kantonalen Beiträgen gespeist.
Bewilligung verzögert sich
Eigentlich hätte das Bundesamt für Verkehr das Projekt bereits im Sommer bewilligen sollen. Nun wird die Genehmigung frühestens im September oder Oktober erwartet. Erst danach könne man Aussagen zur konkreten Bauplanung oder zum Zeitplan machen, so Hefti gegenüber dem Tages-Anzeiger.
Der geplante Brüttener Tunnel ist neun Kilometer lang und soll mit Portalen in Winterthur, Bassersdorf und Dietlikon realisiert werden. Ziel ist es, den Engpass beim S-Bahnhof Effretikon zu beseitigen, wo derzeit sämtliche Züge zwischen Zürich und Winterthur durchmüssen. Die SBB rechnen mit einer Bauzeit von etwa zehn Jahren. Ob der ursprünglich angepeilte Betriebsstart im Jahr 2035 noch zu halten ist, bleibt derzeit offen.