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Kultur
04.11.2025
04.11.2025 10:31 Uhr

Anna Netrebko - umstritten und begeisternd

Anna Netrebko in ihrer Paraderolle als Leonora in der Verdi Oper «La Forza del destino» .
Anna Netrebko in ihrer Paraderolle als Leonora in der Verdi Oper «La Forza del destino» . Bild: zVg
Die wohl berühmteste Sopranistin der Welt sorgte an der Premiere am Sonntag in Zürich für Jubel, Gänsehaut und Prosteste zugleich! Von Ursula Litmanowitsch

In Giuseppe Verdis «La forza del Destino» zeigt Anna Netrebko eindrucksvoll, warum sie trotz aller Kontroversen weiterhin zur Weltspitze gehört. Ihre Leonora ist eine faszinierende Mischung aus düsterer Tiefe, schwebender Zartheit und glühender Leidenschaft – eine vokaltechnische und emotionale Meisterleistung, die das Premierenpublikum in der Pause in Champagnerlaune versetzte.

Klangbild voller Spannung

Dirigent Gianandrea Noseda formte mit dem Orchester der Oper Zürich ein Klangbild voller Spannung, Präzision und dramatischer Wucht. Jeder Einsatz sass, jede Emotion hatte Gewicht – als hätte Verdi selbst am Pult gestanden.

George Petean als Don Carlo di Vargas brillierte mit einem imposanten Bariton, während Yusif Eyvazov, Netrebkos Ehemann, als Don Alvaro mit strahlender Höhe und sängerischer Intensität überzeugte – Szenenapplaus war vorprogrammiert.

Annalisa Stroppa begeisterte mit einem energiegeladenen, charmanten Rollendebüt als Preziosilla. Und auch Michele Pertusi als Padre Guardiano sowie Stanislav Vorobyov in seinem Debüt als Marchese wurden mit warmem Applaus bedacht.

  • Protestierende vor dem Haupteingang des Opernhauses. Bild: Ursula Litmanowitsch
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  • Herausragend: Yusif Eyvazov als Don Alvaro und George Petean als Don Carlo. Bild: zVg
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  • Regisseurin Valentina Carrasco hat die von Handlung an Orte in der Schweiz verlegt im Bühnenbild von Carles Berga. Bild: zVg
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Kaum überzeugende Inszenierung

Weniger Begeisterung rief hingegen die Inszenierung der Argentinierin Valentina Carrasco hervor. Sie verlegte das Drama an ikonische Orte der Schweiz – eine moderne Deutung, die nicht alle restlos überzeugte. Besonders die martialischen Aufmärsche des Chores in Kampfmontur und mit Gewehr im Anschlag stiessen auf gemischte Reaktionen.

Kein einziger Buh-Ruf

Ein Luzerner Opernfan kommentierte schmunzelnd: «Ich komme wegen der Musik – nicht wegen der Alpenprojektionen oder der Regie.» Andere bemängelten die «symbolisch überladene» Szenerie des Bühnenbildners Carles Berga, nahmen es aber sportlich: Kein einziger Buh-Ruf war zu hören – weder für Regie noch für Ausstattung oder Bühnenbild.

Musik erleben

So oder so war eines offensichtlich: Das Publikum in der ausverkauften Premiere war vor allem wegen ihr gekommen – wegen Netrebko. Und in einem Punkt waren sich Premierenbesucher, Opernkenner und Musikfreunde einig: «Wir sind hier, um Musik zu erleben».

Ukrainische Demonstranten

So blieb die Atmosphäre im Opernhaus durchwegs konzentriert und respektvoll. Vor Beginn der Vorstellung versammelte sich allerdings eine Gruppe Demonstrierender mit Ukraine-Flaggen vor dem Haupteingang, um Netrebkos Auftritt in Zürich kritisch zu begleiten.

Weitere Vorstellungen mit Netrebko sind dem Kalendarium des Opernhauses zu entnehmen. Am 21., 26. und 29. Nov. sowie am 17. Und 21. Dezember ist die Rolle der Leonora mit Elena Guseva besetzt.

Ursula Litmanowitsch