Lorenz Steinmann & Thomas Hoffmann
Als 2010 intern der Stadionentscheid gefallen war zugunsten des Standorts Zürich-Altstetten, ging das Ganze für Zürcher Verhältnisse erstaunlich schnell. Peter Zahner fasste vom Verwaltungsrat den Auftrag, das ZSC-eigene Stadion möglichst rasch zu realisieren. Peter Zahner, das ist seit 2007 der Geschäftsführer, also CEO der ZSC Lions AG und damit für den Betrieb der ZSC Lions verantwortlich.
Immer eine Ansprechperson
Nun wird das schmucke, architektonisch durchaus herausragende Gebäude am Dienstag, 18. Oktober, eröffnet. Die grossen Reden werden aber andere Honoritäten halten. Peter Zahner sucht diese Art von Öffentlichkeit nicht. Dafür sah er bei der Stadionplanung alle wichtigen Gespräche als Chefsache an. Und das waren nicht wenige. In seinem engen, schattigen Büro mit naher Bahnlinie hat er feinsäuberlich alle selber zusammengestellten Unterlagen zu Entscheidungsträgern und politischen Vertretern gesammelt.
Sprich, er hat sich auf alle relevanten Personen und Gespräche vorbereitet und sie persönlich geführt. «Mit gut 80 Gemeinderätinnen und Gemeinderäten habe ich mich getroffen, irgendwo in Zürich oder in meinem Büro», verrät der grossgewachsene 61-Jährige. Mit einer gegenüber dem Stadionprojekt besonders kritischen SP-Gemeinderätin habe er fast vier Stunden in einem «Kafi» in der Zürcher Altstadt gesprochen. «Sie war zwar auch nachher noch gegen den Bau, aber sie versprach, faktentreu zu bleiben.»
Mit anderen Kritikern, etwa AL-Polit-Doyen Niklaus Scherr, verstand sich Zahner überaus gut. «Wir trafen uns zufällig im Lift im Vorfeld einer Besprechung mit Stadtrat Daniel Leupi», so Zahner mit einem Schmunzeln im Gesicht. Scherr sei nicht negativ eingestellt gewesen, er habe einfach die richtigen Fragen gestellt. «Scherr war sehr sattelfest im Dossier», erinnert sich Zahner.
Gute Noten stellt er punkto Verhandlungen der Stadt Zürich aus. Er konnte jeweils mit den verantwortlichen Stadträten oder den sachkundigen zuständigen Verantwortlichen aus der Verwaltung diskutieren, da gab es keine Zwischenstationen mit komplizierter Rückfragerei. «Ich spürte überall, dass man wollte, dass das Projekt zustande kommt.»
«Andere Stadien haben auch nicht mehr Parkplätze»
Nicht optimal sei hingegen das Parkplatzangebot in der Swiss Life Arena. Mit 350 Stück im neuen Stadion und rund 700 beim Engrosmarkt und im Letzipark gibt es künftig nur halb so viele wie bisher beim Hallenstadion. Zahner sieht aber auch das positiv. «Wir hätten gerne mehr Parkplätze im Haus gehabt. Das war aber nicht bewilligungsfähig.» Zahner hat deswegen eine Umfrage bei den anderen Eishockeyclubs der National League gemacht. Fazit: Der Vergleich zeigt, dass man sich mit der neuen Swiss Life Arena etwa im Mittelfeld befinde. Im Stadion Letzigrund sei die Parkplatzsituation ebenfalls alles andere als optimal.
Nie mehr ausweichen nach Rapperswil
Zahner lobt zudem die Anbindung an den ÖV mit dem Bahnhof Altstetten. Ausserdem setzt er grosse Hoffnungen auf die geplante Fussgängerpasserelle über die Autobahn A1 vom Norden ans Stadion. Diese soll Höngg und die Grünau sowie das VBZ-Tramnetz noch besser ans Stadion anbinden. Die Anbindung, das ist eigentlich der einzige Punkt, wo man wehmütig werden könnte. Das Hallenstadion mit dem Elfer-Tram vor der Haustüre. Doch für Zahner überwiegen zu fast 100 Prozent die Vorteile. «Nun können wir in der eigenen Halle wirtschaften und müssten nicht dauernd auf all die anderen Veranstaltungen Rücksicht nehmen.»
Besonders krass wars 2009. Damals gewannen die ZSC Lions die zu jener Zeit noch anders organisierte Champions League mit russischer Beteiligung. Das Halbfinale gegen die damaligen Espoo Blues Helsinki und auch das Finale gegen Magnitogorsk mussten in Rapperswil im Kanton St. Gallen ausgetragen werden.Das Hallenstadion war für beide Termine schon anderweitig besetzt. «Das war sicher auch ein Grund, warum sich die Stadtzürcher Behörden so kooperativ bei der Stadionrealisierung zeigten», ist Zahner überzeugt.
So eine Peinlichkeit färbt auch aufs Image einer Stadt ab. «Die Stadtregierung wollte unbedingt etwas gegen das Vorurteil tun, Zürich könne keine Sportstätte, ja überhaupt kein Grossprojekt bauen. Das half uns», zieht Zahner sein Fazit.
Stresstest Familiengärtner
Hatte er auch mal Bedenken, dass es nicht klappt? Zahner glaubte ganz nach seiner Lebenseinstellung immer daran. Aber einmal sei er richtiggehend erschrocken. Es war an einer Generalversammlung des Familiengartenvereins Altstetten-Albisrieden. Der Vertreter der Stadt sagte den 400 Anwesenden, sie müssten ihren Garten bald aufgeben, da das neue Stadion Platz brauche. Ein empörter Saal war die Folge. «Und nun war ich der nächste Redner und musste Leute überzeugen, die wohl zu 99 Prozent nicht wussten, was Eishockey genau ist», erinnert sich Zahner.
Er schaffte es auch hier, die Wogen zu glätten. Dass man später das Versprechen gehalten hat, den Familiengärtnern zu helfen beim Suchen eines neuen Standorts und bei den Kosten des Abbruchs, darauf ist Zahner stolz. Die angekündigte schweizweite Unterschriftensammlung von Familiengarten-Vereinigungen gegen das Stadion verlief übrigens im Sand.
Unihockey-WM und mehr
Was ändert sich für Zahner persönlich mit dem neuen Stadion? «Unsere Organisation ist nun vereint an einem Ort. Daheim in einem Gebäude. Das schafft enorme Vorteile.» Bisher war die Geschäftsstelle gut einen halben Kilometer entfernt vom Hallenstadion, dieses ebenfalls einige Schritte von der Trainingshalle «Stadiönli» und von den Spielerkabinen und vom Trainerstaff weg.
Doch Zahner wäre nicht Zahner, wenn er nicht schon fast warnend hinzufügte: «Nun sind wir verantwortlich fürs eigene Stadion, mit allen Rechten und Pflichten.» Alle beisammen, das gilt auch für die älteren Nachwuchsteams. «Wir freuen uns enorm, die neue Halle wird sicher eine Festung», sagt Zahner, der übrigens zu seinen Aktivzeiten beim SC Reinach eine Zeitlang von der heutigen Legende Arno Del Curto trainiert wurde.
Die ZSC Lions bekommen also einen eigenen Eishockeytempel, mit steilen Zuschauerrampen nahe am Spielfeld, dem europaweit grössten Videowürfel, sowie eigenen Gastroeinrichtungen. Ebenfalls wirtschaftlich spannend: Die ZSC Lions können nun die Halle 365 Tage lang selbst nutzen oder belegen lassen. So finden schon im November 2022 die Weltmeisterschaften im Unihockey statt. 2026 ist Zürich-Altstetten dann zusammen mit Fribourg Austragungsort der Eishockey-WM, wobei in Zürich dann der Final stattfinden wird.
Kein Zweifel: Zürich scheint sich dank dem neuen Stadion wieder zum Schweizer Hotspot des Sports zu entwickeln. Daneben eignet sich die Swiss Life Arena auch für viele diverse Anlässe wie Corporate Events, zum Beispiel Generalversammlungen. «Einzig Konzerte dürfen wir nicht veranstalten», sagt Zahner. Das habe man mit der Stadt so vereinbart. Sonst wäre man zur zu grossen Konkurrenz geworden zum ehemaligen «Wädlitempel» in Zürich Nord.
Eine Frage bleibt doch noch. Warum genau klappte es mit dem Stadionbau im Gegensatz zum Fussball, wo seit mindestens 25 Jahren über ein neues Stadion diskutiert wird? Zahner zuckt mit den Schultern. «Mir wurde vor dreizehn Jahren gesagt: Mach es einfach nicht so wie die Fussballer, mach es genau anders, dann klappt es schon.»
«Nie etwas fordern»
Und tatsächlich folgt nun am 18. Oktober die grosse Eröffnung des eigenen Stadions (siehe Seite 2). Der Unterschied zur Never Ending Story beim Fussball? Keine Steuergelder, sondern privates, offengelegtes Eigenkapital für den Bau, nie etwas fordern, kein öffentliches Lamento über die Verwaltung und die Politiker, Verhandlungen sind Chefsache – mit dem steten Support des Verwaltungsrats –, aber ohne PR-Agenturen und wechselnde Zuständigkeiten. Klare, offene Kommunikation ohne lange Hinhaltetaktik. «Anlaufstelle war immer mein Büro», schmunzelt der geborene Networker.
Peter Zahner geht mit seinem Wurf ein in die Schweizer Geschichte der Brückenbauer, auch wenn er gelernter Betriebsökonom ist.