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Stadt Zürich
26.01.2023
27.01.2023 12:51 Uhr

Politiker nerven sich über Wahltermin

«Gesprächsverweigerung der Bisherigen», ist Regierungsratskandidat Peter Grünenfelder (FDP) überzeugt.
«Gesprächsverweigerung der Bisherigen», ist Regierungsratskandidat Peter Grünenfelder (FDP) überzeugt. Bild: zvg./ Avenir Suisse
Der vom Regierungsrat auf den 12. Februar festgelegte Wahltermin kommt bei den neu Kandidierenden schlecht an. FDP-Kandidat Peter Grünenfelder spricht gar von einem Machtkartell. Der Politexperte Louis Perron sieht ebenfalls Vorteile für Bisherige.

Momentan herrscht vielerorts draussen im Kanton Zürich Eiseskälte. Flyer oder Schöggeli zu den Wahlen verteilen ist nicht gerade angenehm. Die Kandidatinnen und Kandidaten frieren sich die Füsse ab, und es zeigen sich erst noch weniger Menschen auf der Strasse. Festgelegt hat den winterlichen Wahltermin vom 12. Februar der amtierende Regierungsrat in Eigenregie.

Mediensprecher Andreas Melchior beruft sich auf die «geltenden rechtlichen Bestimmungen». Daneben gebe es weitere Faktoren wie etwa «die Schulferien, den Termin zur Einreichung der Wahlvorschläge, den Druck und Versand der Unterlagen». Vor diesem Hintergrund habe der Regierungsrat den Termin vom 12. Februar 2023 festgelegt, so Melchior.

Vor allem die neu kandidierenden Regierungsratskandidatinnen und -kandidaten sehen im frühen Termin einen gewichtigen Nachteil bei ihren Wahlchancen. Peter Grünenfelder etwa, der für die FDP den zweiten Regierungsratssitz zurückholen will, spricht von einem ­eigentlichen «Machtkartell». «Alle regen sich darüber auf», ist der Direktor des Wirtschaftsverbandes Avenir Suisse überzeugt. «Es ist eine Gesprächsverweigerung der Bisherigen, welche ihnen natürlich viel mehr nützt als uns neu Kandidierenden.»

«Lieber der April-Termin»

Ähnlich tönt es von SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf aus Kloten. «Der frühe Wahltermin nützt den Bisherigen. Als der Termin festgelegt wurde, war für mich ziemlich klar, dass wohl alle nochmals antreten möchten – und natürlich den Neuen möglichst wenig Chancen zugestehen wollen.» Seiler Graf ortet bei sich persönlich das Problem aber geringer, weil sie als nationale Politikerin eher bekannt sei. Aber auch sie hätte den April-­Termin bevorzugt, nur schon aus Parteisicht. «Das Programm ist auch für die Parteien sehr dicht und anspruchsvoll», so Seiler Graf.

Anne-Claude Hensch, die für die Linksaussen-Partei AL einen Sitz im Regierungsrat holen will, zitiert gar Interna: «Mir hat ein Vögelchen aus dem Regierungsrat gezwitschert, dass der Termin genau aus diesem Grund so gewählt wurde.» Als Vertreterin einer kleinen Partei kenne sie das Phänomen: «Je länger der Wahlkampf dauert, desto besser werden unsere Kandidierenden wahrgenommen. Ausserdem ist es zweifellos sehr schwierig, bisherige Amtsinhaberinnen und Amtsinhaber herauszudrängen.» Da müssten schon grössere Probleme bei der Amtsführung vorliegen, damit dies überhaupt gelingt.

Hensch weist auf ihren AL-Antrag bei der letzten Revision des Gesetzes über die politischen Rechte hin. Seither gibt es immerhin ein Beiblatt mit allen Namen der Kandidierenden für den Regierungsrat in alphabetischer Reihenfolge. Laut Hensch habe der Regierungsrat vorgeschlagen, dass zuerst die Bisherigen auf dem Beiblatt erwähnt werden und erst nachher die weiteren Kandidierenden in alphabetischer Reihenfolge. «Das hätte den sowieso schon existierenden Vorteil noch weiter ausgeweitet», ist Hensch überzeugt.

Peter Grünenfelder möchte gar noch einen Schritt weitergehen. Er fordert eine Anpassung der Gesetzgebung, indem künftig das kantonale Parlament, also der Kantonsrat, die Wahltermine festlegt.

Soll der Kantonsrat entscheiden?

Und was sagt der Politexperte dazu? Louis Perron, Politologe und Politberater, erklärt: «Studien dazu, wie die Jahreszeit das Wahlresultat beeinflusst, sind mir keine bekannt.» In der Tendenz könnte er sich aber vorstellen, dass das Datum am ehesten die Bisherigen begünstigt. Die Herausforderer hätten grundsätzlich ein Interesse an einer langen, intensiven Kampagne. «Sie haben diese aber nur bedingt lanciert. Daran ändert auch das frühe Datum nicht mehr viel», so Perron.

Grundsätzlich gebe es im Schweizer Wahlkampf viele Mythen, wie etwa den «Wiedererkennungseffekt» oder den «Bisherigenbonus», über die viel gesprochen werde, über die es aber keine wissenschaftlichen Studien gebe.

Regierungssprecher Andreas Melchior übrigens will sich zu den Kritiken rund um den frühen Wahltermin nicht äussern. Er lässt eine ganze Reihe von Fragen unbeantwortet. Nur so viel: «Zu Spekulationen, Mutmassungen oder Feststellungen von Dritten beziehe ich keine Stellung.»

Der Wetterbericht für die nächsten Tage sagt weiterhin kaltes Wetter voraus. Es bleiben noch etwas über zwei Wochen bis zum Wahltag am Sonntag, 12. Februar. Resultate gibt es ab etwa 13 Uhr.

Lorenz Steinmann
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