Karin Steiner
Auf versiegelten Flächen kann das Regenwasser nicht wie auf Rasen oder Kies im Boden versickern, verdunsten und so die Umgebung kühlen, sondern es läuft meist direkt in die Kanalisation. Zudem absorbieren die dunklen bis anthrazitfarbenen Asphaltoberflächen viel Sonnenenergie. Sie erwärmen sich und speichern diese Wärme, was zu vermehrter Hitzebildung führt.
«Dennoch ist es je nach örtlicher Umgebung auch bei versiegelten Flächen möglich, das Wasser in nahe Versickerungs- und Baumgruben zu leiten», sagt Roger Muntwyler, Projektleiter Kommunikation vom Tiefbauamt der Stadt Zürich. «Eine Alternative sind sickerungsfähige Flächen mit Pflanzen. Auf solchen Flächen kann das Wasser im Boden versickern und von dort über Pflanzen verdunsten, was zur Umgebungskühlung beiträgt. Die Entsiegelung von Flächen ist aber auch mit Nutzungseinschränkungen verbunden. Sickerungsfähige Flächen sind etwa nicht hindernisfrei begehbar, entwickeln bei Regen Dreck und bei Trockenheit Staub und ziehen Einschränkungen im Unterhalt mit sich.»
Helle statt dunkle Beläge
Eine Alternative sind helle Beläge, die ebenfalls hitzemindernd wirken können. Aber sie haben auch ihre Nachteile: «Sie sind etwa von kürzerer Dauerhaftigkeit und können Verkehrsteilnehmende blenden. Die Resultate eines Pilotprojekts an der Roggenstrasse zeigten zudem auf, dass die hell gefärbten Beläge – im Gegensatz zu Beschattungen durch Bäume und Häuser – einen geringen Einfluss auf die Temperatur ausüben», so Roger Muntwyler. «Daher beurteilen wir situativ, wo Entsiegelungen möglich sind und wo der Einbau von hellen Belägen sinnvoll ist. Grossflächig entsiegelt wird zum Beispiel im Zuge des Bauprojekts an der Heinrichstrasse im Kreis 5: Dort entstehen bis im kommenden Mai 2100 Quadratmeter chaussierte Flächen mit neuen Bäumen und 600 Quadratmeter Grünflächen.»
Prinzip der «Schwammstadt»
Eine Möglichkeit, die Hitze in der Stadt zu senken, ist das Prinzip der «Schwammstadt». Dieses Prinzip der «Schwammstadt» wurde ursprünglich erdacht, um Überflutungen zu minimieren. Starke Regenfälle sollten in der Stadt wie in einem Schwamm zurückgehalten und nur langsam wieder an Gewässer zurückgeleitet werden. Diese Grundidee wird in Zürich getestet, damit das so zurückgehaltene Regenwasser unter anderem von den Bäumen verdunstet werden kann und nicht einfach in die Kanalisation abfliesst, was einen Kühleffekt erzielt. Diese Art der Bewässerung kann über Anpassungen an der Tiefbau-Infrastruktur erreicht werden. «In all unseren Projekten prüfen wir, welche Massnahmen zur Hitzeminderung getroffen werden können», so Roger Muntwyler.
«Das Prinzip der ‹Schwammstadt› ist in Zürich relativ neu. Es ist interessant und stellt eine wertvolle Ergänzung zu Hitzeminderungsmassnahmen dar. Um es umsetzen zu können, braucht es jedoch genügend Platz im Untergrund. Dieser ist, etwa aufgrund von Werkleitungen, aber nicht überall in der Stadt vorhanden. Neben dem Pilotprojekt an der Giessereistrasse ist das Prinzip zum Beispiel an der Scheuchzerstrasse, am Uto- und Limmatquai und am Stauffacherquai geplant. Bereits umgesetzt wird das ‹Schwammstadt›-Prinzip in der Heinrichstrasse.»
«Das wissenschaftliche Monitoring an der Giessereistrasse wird Ende 2024 abgeschlossen», so Marc Werlen, Fachbereichsleiter Kommunikation von Grün Stadt Zürich. «Heute schon lässt sich sagen, dass die Bäume sich prächtig entwickeln und überdurchschnittliche jährliche Zuwächse zu verzeichnen sind. Die Messungen der Saftflussraten lassen in Abhängigkeit der Baumarten auf eine hohe Verdunstungsleistung schliessen. Je höher die Verdunstungsleistung, umso grösser ist der Kühlungseffekt. Wir ziehen also ein positives Zwischenfazit.»
Aber auch Privatpersonen können auf ihren Grundstücken zu einem besseren Lokalklima beitragen. Zum Beispiel rund um das Haus Bäume pflanzen, entsiegeln und begrünen. «Die Fachplanung Hitzeminderung dient auch Privaten dabei als ‹Werkzeugkiste›, was wann und wo am besten nützt», so Marc Werlen. Für die ökologische Aufwertung von Gärten und für Vertikalbegrünung gebe es zudem zwei Förderprogramme mit kostenloser Beratung und Förderbeiträgen («Mehr als Grün» und «Vertikalbegrünung»).
Pflaster statt Asphalt?
Auf befahrenen Strassen, Velorouten und Gehwegen gibt es keine Alternative zu Asphalt und Beton. Auch sickerungsfähige Pflästerungen erachtet Roger Muntwyler als nicht sinnvoll: «Natursteinpflaster gibt es heute noch an verschiedenen Orten in der Stadt, zum Beispiel im Niederdörfli oder im Platzbereich Döltschiweg/Friesenbergstrasse/Höfliweg», sagt er. «Wir prüfen im Einzelfall, wo der Einbau von Natursteinpflaster sinnvoll ist. Die Wirkung auf das Klima ist allerdings minim, da sich auch das Gestein aufheizt. Zudem erschweren Natursteinpflaster die Reinigung und führen zu höheren Lärmemissionen.»
In Privatgärten wären Kies- und Splittbeläge eine Alternative. Allerdings sind das Sauberhalten und das Schneeräumen im Winter auf solchen Belägen eine Last. Dafür ist bei ausreichender Versickerung keine Ableitung des anfallenden Regenwassers nötig. Die wichtigste Massnahme, die Stadt langfristig dem Klimawandel anzupassen, sei die Pflanzung von zusätzlichen Bäumen.