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Kanton Zürich
27.11.2023

Simulatoren mit austauschbarem Innenleben

Das Cockpit im Innern lässt sich durch andere Helitypen austauschen.
Das Cockpit im Innern lässt sich durch andere Helitypen austauschen. Bild: Roger Suter
Die Rega hat zwei neue Flugsimulatoren in Betrieb genommen. Damit entfallen Reisen nach Deutschland und Kanada.

Roger Suter

In den zwei Hallen von Lufthansa Aviation Training (LAT) an der Glattbrugger Cherstrasse stehen zwei neue Flugsimulatoren. Sie gehören der Rega und ermöglichen es der Rettungsflugwacht, ihre Crews ab sofort unweit der Rega-Basis in Kloten auszubilden. Bislang mussten die Helikopterpiloten und Rettungssanitäter (die im Heli neben dem Piloten sitzen und dort Aufgaben wie Funk oder Rettungswinde übernehmen) nach Norddeutschland reisen, wo ein Simulator für ihren Helikoptertyp H145 steht, um Standardsituationen und Notverfahren zu trainieren. Der Simulator für die Rega-Jets vom Typ Challenger-650 befindet sich sogar in Montréal, Kanada.

Simuliert werden darin neben Notsituationen auch etliche der rund 400 Flugplätze, welche die drei Rega-Jets weltweit anfliegen. Zum Vergleich: Die Swiss fliegt 100 Destinationen an. Um aber ein möglichst realistisches Flugverhalten zu erreichen (was für die erfolgreiche Zertifizierung der Ausbildungsanlage nötig ist), braucht es jede Menge Flugdaten. Normalerweise bekommt man diese vom Hersteller. Da der Flugzeugbauer Bombardier aber mit einem anderen Hersteller von Simulatoren zusammenarbeitet und die Flugdaten diesem exklusiv zur Verfügung stellt, hat man einen baugleichen Jet mit Sensoren und Aufzeichnungsgeräten ausgestattet und sich die Daten so selber beschafft.

Datengrundlage von Swisstopo

Beim Heli-Simulator sind neben den aviatischen auch Informationen über Gelände und Gebäude wichtig. Dazu hat die Herstellerin Reiser Simulation + Training umfangreiche Daten gesammelt und implementiert: geografische und topografische, um nicht nur die Landschaft und Gelände, sondern sogar einzelne Gebäude abzubilden. «Dabei hat uns die umfangreiche Datenbank von Swisstopo sehr geholfen», so Sebastian Griesbach, Business Development Manager bei Reiser in Bayern. So wurde die fotorealistische Darstellung der ganzen Schweiz möglich.

Der Aufwand hat sich gelohnt: Beide Simulatoren erfüllen die höchsten Anforderungen und wurden entsprechend zertifiziert, damit die 28 Jet- sowie die 59 Helipilotinnen und -piloten ihre gesetzlich vorgeschriebenen Trainings – bei den Helikoptercrews insgesamt 1000 Stunden jährlich – darin absolvieren können, einschliesslich Flügen mit Nachtsichtgeräten, angehängten Lasten oder an neue Orte wie etwa den geplanten Neubau des Zürcher Kinderspitals mit ihren speziellen Anforderungen. «Über dicht besiedeltem Gebiet wie Zürich beispielsweise fliegen wir nur 80 statt 120 Knoten schnell», so der Rega-Chefpilot Heinz Leibundgut. Das sind 150 statt 220 Kilometer pro Stunde – und bedeutend leiser.

Die beiden sogenannten Full-Flight-Simulatoren ahmen dabei die Bewegungen eines echten Fluggerätes nach. «Nach wenigen Minuten im Innern vergisst man, dass man in einem Simulator sitzt», so der Rega-Chefpilot Heinz Leibundgut.

28 Millionen investiert

Rund 15 Millionen Franken hat die Rega in den Heli-Simulator investiert, deren 13 in den Jet-Simulator. Dafür spart die Rettungsflugwacht etliche mehrtägige Reisen nach Deutschland und Übersee sowie 300 Liter Kerosin pro Heli-Flugstunde und somit viel CO2. Zudem stehen die Crews so schneller wieder für Einsätze zur Verfügung.

Hinzu kommt, dass die Rega in den nächsten zwei Jahren ihre gesamte Helikopterflotte erneuert: In Zukunft werden 21 Maschinen der fünfblättrigen Version des Airbus H145 die Luftrettung nicht nur im Mittelland, sondern auch in den Alpen gewährleisten und die älteren Agusta Westland Da Vinci ersetzen. Die Umschulung in der Rega-eigenen Flugschule ist aufwendig und dauert mehrere Wochen: «Das ist nicht wie von einer Automarke zu einer anderen zu wechseln», so Chefpilot Heinz Leibundgut. Damit dies nun ebenfalls grösstenteils im Simulator erfolgen kann, hat Reiser für Rega die Cockpits der Typen Airbus H125 (gemeinsam mit der Swiss Helicopters AG), H145 sowie Leonardo AW 169 originalgetreu nachgebaut. Diese können nach Bedarf in den Simulator hineingerollt werden.

Betrieben werden die Simulatoren von den Spezialisten von Lufthansa Aviation Training. Die Rega hat Priorität bei der Belegung, LAT kann die Geräte aber in der übrigen Zeit auch Drittkunden anbieten, was wiederum die Kosten für die gönnerfinanzierte Rega senkt.

Roger Suter/Zürich24
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