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Zürich West
02.02.2024
23.02.2024 22:25 Uhr

Warum die Politik mehr Wohnungen auf dem Josefareal verlangt

Gesamtansicht des Areals, das sich fast bis zur Hardbrücke erstreckt. Fix bleibt die Anlage des Fernheizkraftwerks mit dem Kamin.
Gesamtansicht des Areals, das sich fast bis zur Hardbrücke erstreckt. Fix bleibt die Anlage des Fernheizkraftwerks mit dem Kamin. Bild: Lorenz Steinmann
Auf dem Josefareal sind gemäss Stadt Hallenbad, Werkhof, Alterszentrum und Alterswohnungen sowie Quartierpark geplant. Doch die IG Zentrum Hardbrücke und Gemeinderatsparteien fordern zusätzlich gemeinnützige Wohnungen.

Eigentlich wollte die Stadt nach vier Mitwirkungsveranstaltungen in diesem Jahr mit den Architekturwettbewerben auf dem rund 20'000 Quadratmeter grossen Josefareal beginnen. Dies teilte sie den Anwesenden im Oktober letzten Jahres anlässlich einer Veranstaltung in Anwesenheit der Stadträte André Odermatt und Simon Brander mit. Vorgesehen waren frühestens ab 2026 öffentliche Nutzungen wie Hallenbad, Quartierpark, Werkhof, Alterszentrum mit 120 Plätzen und 135 Alterswohnungen. «Ziel ist ein vielseitiger Treffpunkt für Jung und Alt», so die Stadt.

Doch dann flammte der Protest gegen die städtische Planung erst so richtig auf. Ursache war ein Bericht der Arbeitsgruppe IG Zentrum Hardbrücke, ein Zusammenschluss von Fachspezialisten in Stadtplanung, Architektur, Soziologie, Verkehrsplanung, Kultur, Gastronomie, Politik und Verwaltung. Dieser forderte gemeinnützige Wohnungen zusätzlich zu den Alterswohnungen. Es könnten gemäss ihren Berechnungen 500 bis 600 gemeinnützige Wohnungen zusätzlich auf dem Areal gebaut werden. Die Politik zog nach. SP, AL, Grüne, GLP und Mitte/EVP reichten im Gemeinderat eine Motion mit dem Titel «Josef will wohnen» ein, die den Stadtrat aufforderte, auf dem Areal durch Verdichtung mindestens 300 gemeinnützige Wohnungen zu erstellen. Die Allianz verfügt im Gemeinderat über eine Zweidrittelsmehrheit.

Die Stadt hatte argumentiert, dass der Planungsprozess zusammen mit der interessierten Bevölkerung durchgeführt worden war. Bei der letzten Partizipationsveranstaltung wünschten allerdings auch viele Quartiervertretende günstige Wohnungen auf dem Areal.

Die IG Zentrum Hardbrücke begründete ihr Vorgehen wie folgt: «In Zürich-West liegt der Wohnanteil sehr tief. Der Bau von günstigen Wohnungen entspricht dem Bedürfnis der Zürcher Bevölkerung und trägt zur Erreichung des Drittelsziel bei.» In der Gemeindeordnung steht, dass bis 2050 ein Drittel aller Mietwohnungen in Zürich gemeinnützig sein sollen. Der Bau von günstigen Wohnungen entspreche folglich dem Bedürfnis der Bevölkerung. «Damit Leben ins Quartier kommt, muss insbesondere der zu tiefe Wohnanteil von heute 12 Prozent steigen», wird betont. Zudem müssten mehr Wohnungen zur Linderung der Wohnungsnot gebaut werden.

Umzonierung notwendig

Die Haltung des Stadtrats war bisher, dass Wohnungen für die Allgemeinheit auf dem Areal nicht funktionieren. Das Grundstück befindet sich in einer Zone für öffentliche Bauten. In einer solchen dürften Spitäler, Alterszentren, Sportplätze und Alterswohnungen stehen, aber keine gewöhnlichen Wohnungen. Deshalb fordern die Parteien nun eine Teilrevision der Bau- und Zonenordnung. Die Stadt argumentiert, dass man diese Flächen bei einer Umzonierung anderswo ersetzen müsse. Sonst würde der Kanton den Plan nicht genehmigen. Die Motionäre fordern zudem einen öffentlichen Gestaltungsplan.

Wettbewerb für Park gestartet

Eine 2000 m2 grosse, für den Quartierpark vorgesehene Teilfläche (also zwei Drittel so gross wie der Chinagarten) wird bereits 2024 dauerhaft frei. Die Projektaufsicht «Josef-Areal» hat im März 2023 entschieden, dass ausgehend von dieser Fläche die Parkentwicklung 2024 unabhängig vom Hochbau bereits beginnen soll. Das Planerwahlverfahren wurde im Oktober letzten Jahres gestartet. Der Bedarf soll mit Nutzenden geklärt und auf Entwicklungen in den umliegenden Baufeldern reagiert werden.

Markus Knauss: «Die Chance nutzen»

Markus Knauss, in der Motion der Parteien wird eine Umzonierung verlangt. Das führt zu einer Verzögerung von etwa 2 Jahren. Die Stadt wollte bereits die Architekturwettbewerbe starten. Warum haben Sie das nicht früher verlangt?

Wir haben uns in der Frage der Wohnungen allzu stark auf die Verwaltung verlassen, die Wohnungen kategorisch ausgeschlossen hatte. Erst mit der Zeit haben sich politische Mehrheiten gebildet, die davon überzeugt sind, dass das Josef-Areal mehr kann. Und gemeinnützige Wohnungen sind nun mal in Zürich das absolute Gebot der Stunde. ­Planungsprozesse auf grossen Arealen dauern viele Jahre. Wir haben uns aber bewusst dazu entschieden, die bisherigen planerischen Festlegungen zu respektieren, mit gemeinnützigem Wohn- und Gewerberaum aber ein neues Element in das Areal zu integrieren.

Wohnungen für die Allgemeinheit plus die bestehenden Nutzungen. Gleichzeitig verlangen Sie einen hohen Anteil von attraktiven Grün- und Freiräumen. Geht das auf?

Das geht auf. Es bedingt allerdings eine sorgfältige Planung. Das Josef-Areal ist als Verdichtungsgebiet im kommu­nalen Richtplan ausgeschieden und attraktive Grün- und Freiräume sind in Zürich für jedes Projekt unabdingbar.

Der geplante Werkhof ist bei den Quartiervertretenden nicht beliebt. Sie halten aber daran fest. Warum?

Der Werkhof wurde in der Abstimmung über den kommunalen Richtplan 2021 hier festgelegt. Diesen Werkhof jetzt einfach zu streichen, wäre unseriös und würde wohl auch zu viele Widerstände in der Stadtverwaltung wecken. Wenn die Stadt allerdings einen anderen Standort findet, sind wir sicher nicht unglücklich.

Die Quartiervertretenden haben sich in den vergangenen Jahren stark in die Planung eingebracht. Sind diese gleicher Meinung wie die Politik?

Die Bevölkerung hat sich – wie die Politik auch – im Beteiligungsprozess da­rauf verlassen, dass Wohnen ausgeschlossen sei. Gerade an der letzten Quartierveranstaltung war das Schaffen von mehr Wohnraum auf dem Josef-Areal das dominierende Thema. Von daher tickt die Quartierbevölkerung wohl ähnlich wie diejenigen, die die Motion eingereicht haben. Noch einmal: Es geht bei diesem Vorstoss nicht darum, das Josef-Areal von den Nutzungen her komplett neu zu denken, sondern es mit Wohnungen zu ergänzen. Das ist eine Chance, die es jetzt zu nutzen gilt. 

Interview: Pia Meier

Markus Knauss ist langjähriger Gemeinderat (Grüne, Wahlkreis 5+5)

Interview: Pia Meier

Pia Meier/Zürich24