Tobias Hoffmann
Für einen wie ihn kann die Welt eigentlich nicht weit genug sein. Man würde sich nicht wundern, wenn er beim ersten kommerziellen Mondflug als Fotoreporter dabei wäre. Doch Alberto Venzago ist doch schon 74 Jahre alt. Dieser Trip wird ihm also wohl eher verwehrt bleiben. Doch sonst gibt es kaum eine Ecke unserer Erde, die er nicht mit seinen Kameras erkundet hätte. Jahrzehntelang war er ohne festen Wohnsitz und im Auftrag legendärer Magazine wie «Life», «Time», «Stern» oder «Geo», vier Jahre für die berühmte Agentur Magnum, unterwegs. Und es waren keine Postkartenbilder, die bei seinen Redaktionen ankamen, sondern Kriegsbilder aus dem Libanon, Langzeitreportagen zur japanischen Mafia Yakuza, zur Kinderprostitution in Manila, zu den für westliche Augen völlig fremden Voodoo-Kulten im westafrikanischen Benin. Und Unzähliges mehr.
Durch eine Einzelausstellung in Zürich geadelt
Hat dieser fotografische Kosmos Platz auf wenigen Quadratmetern? Ja, hat er. In der im November neu eröffneten Galerie Moos Fine Art in Herrliberg. Gegründet hat sie die promovierte Kunsthistorikerin Vanessa Moos, die seit 2019 mit ihrer Familie in Herrliberg lebt. Es ist ihre zweite Ausstellung, und sie trägt den Titel «DO YOU DARE? In touch with the world». Der zweite Teil des Titels erschliesst sich von selbst. Und der erste? Man könnte ihn auf die Galeristin selbst münzen. Ja, sie hat es gewagt, den grossen Fotografen anzufragen. Und der hat zugesagt. Er, der erst vor wenigen Jahren eine grosse Einzelausstellung im Museum für Gestaltung in Zürich bekommen hatte.
Zum Interview in der Galerie ist Venzago verspätet. Ein grosser Stau hält ihn auf. Sein Atelier befindet sich im Gaswerk in Schlieren. Es ist eine riesige Loft, wie man in einem «Kulturplatz»-Bericht von SRF sehen kann. Vanessa Moos’ Galerie hätte mehrmals darin Platz. Sie befindet sich in einem Altbau neben der Post, der schon viele Nutzungen gesehen hat. Die Atmosphäre der beiden Räume hat Venzago offenbar so zugesagt, dass er sich zu einer Ausstellung bereiterklärt hat. So erzählt es Vanessa Moos, während wir auf ihn warten. Mit der Galerie erfülle sie sich einen Lebenstraum, sagt sie. Und sie wolle damit die Kunst- und Kulturszene ihres Wohnorts etwas beleben. Im Übrigen gebe es an der Goldküste viele Akademiker, kunstaffine Menschen und auch Künstler; es sei ein sehr inspirierendes Umfeld.