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Kultur
07.04.2024
05.04.2024 09:23 Uhr

Er brachte den T-Rex in die Schweiz

Der Tyrannosaurus Rex ist 3,9 Meter hoch. Cyril Koller von Koller Auktionen (links) und Christian Link wirken daneben ziemlich klein.
Der Tyrannosaurus Rex ist 3,9 Meter hoch. Cyril Koller von Koller Auktionen (links) und Christian Link wirken daneben ziemlich klein. Bild: zvg
Wie verkauft man einen Dinosaurier? Christian Link ist Sammler und Zauberer. Sein bisher grösster Coup war letztes Jahr die Versteigerung des Skeletts eines rund 65 Millionen Jahre alten Tyrannosaurus Rex in Zürich.

Jeannette Gerber

Wer ist die Person, die es fertigbrachte, dass ein Dinosaurier im Jahr 2023 seinen Fuss auf Schweizer Boden setzte? Wir ­haben Christian Link in seinem heutigen Tätigkeitsfeld, den respekteinflössenden Ausstellungshallen des Auktionshauses Koller im Kreis 5, getroffen. Wer hätte gedacht, dass es einem so jungen Nichtpaläontologen – natürlich mithilfe des Auktionshauses – gelingen könnte, in Zürich einen Tyrannosaurus Rex zu versteigern?

Link wurde 1979 im Quartier Hirslanden geboren. Später zog die Familie nach Fällanden. Als 17-Jähriger zog er zurück nach Zürich in eine WG nahe der Schmiede Wiedikon und startete eine Kochlehre im Hotel Savoy, die er aber bald wieder hinschmiss. «In einer Grossküche zu arbeiten, war so gar nicht mein Ding», erzählt er. Schliesslich entschied er sich für eine kaufmännische Lehre im Edelmetallhandel. Zudem sei ihm die Zauberei immer sehr am Herzen gelegen.

Immer wieder etwas ausprobieren

Seine facettenreiche Laufbahn startete der Zürcher in Los Angeles, wo er eine Filmschule besuchte und sich in Regie und Kameraführung ausbilden liess. Nebenbei besuchte er den exklusiven Privatclub für Zauberer, das Magic Castle, das nur Mitgliedern zugänglich ist. Und Mitglied wurde man durch Auftritte als Zauberer oder Magier. Nachdem er so ungefähr achtmal aufgetreten war, wusste er, dass die Zauberei sein Ding war. «Es hat mir so richtig den Ärmel reingenommen», meinte er.

Zurück in der Schweiz produzierte Link ein paar Kurz- und Werbefilme, trat aber parallel immer wieder als Zauberer für alle möglichen Events auf. Sein erstes Engagement war bei Lindt & Sprüngli.

Christian Link ist ein Abenteurer, der immer wieder etwas ausprobiert. Bei ihm sei nie etwas geplant gewesen. «Ich bin da jeweils einfach reingerutscht, da ich dem nachging, was mich interessierte und faszinierte, und ich habe mir dann selbst das notwendige Know-how beibrachte», betont er.

Zeitgleich begann Link mit seiner Sammlung von Antiquitäten, die er auf Flohmärkten entdeckte und in seine Zaubershows integrierte. Das waren spezielle okkulte Objekte, die ihm zur Geisterbeschwörung dienten. Und er fing an, mit speziellen Requisiten aus seinen Shows zu handeln. Sein Hang zum Sammeln von Skurrilem und Naturhistorischem nahm jedoch langsam überhand, sodass er einen Ort suchte, um seine Sammlung zu präsentieren. «So fand ich 2013 ein Vintage-Innendekorationsgeschäft im Niederdorf, wo ich meine Raritäten-Fundstücke und meine aus echten Tierknochen zusammengesetzten Fantasiewesen, genannt ‹Finsterwaldfiguren›, zum Kauf anbieten konnte», erzählt er.

Noch im selben Jahr habe er seinen ersten Laden, das «Panoptikum», und ­später die «Wunderkammer» an der Sihlfeldstrasse im Kreis 4 gefunden. Der Begriff «Wunderkammer» stammt aus der Spätrenaissance und dem Barock, quasi eine Weiterentwicklung der früheren Raritäten- oder Kuriositätenkabinette, der Panoptiken. Kurz gesagt: Eine Wunderkammer ist ein Sammlungskonzept aus der Museumsgeschichte.

Diesem Laden folgten bis 2020 sieben verschiedene Wunderkammer-Pop-up-­Läden, einer nach dem anderen, in der ganzen Stadt verteilt. Der letzte lag am Münsterhof, fand aber wegen der Coronapandemie ein abruptes Ende.

«Ich bat ihn um fünfzehn Minuten seiner kostbaren Zeit, um ihm meinProjekt vorzustellen.»
Christian Link, Sammler und Zauberer

Ein schicksalhaftes Telefonat

«Dann aber hat sich das Blatt für mich durch ein schicksalhaftes Telefonat mit Cyril Koller, dem Besitzer des Auktionshauses Koller, komplett gewendet», sagt Link. «Ich bat ihn um fünfzehn Minuten seiner kostbaren Zeit, um ihm mein Projekt vorzustellen.» Koller stimmte zu, und er habe ihm übergrosse Poster von einem Dinosaurierskelett, einem Flugsaurier, einem Space-Suit (Raumanzug) und einem Meteoriten aus dem All gebracht. Also Bilder von naturhistorischen Artefakten aus der Weltraumforschung und Erinnerungsstücke aus der Unterhaltungsbranche. Woraufhin Cyril Koller bereit gewesen sei, eine Probeauktion zu riskieren.» Die «Out of This World I» (Nicht von dieser Welt) sei ein voller Erfolg geworden – der Flugsaurier habe beispielsweise das dreifache Resultat erzielt.

Nach dieser gelungenen Auktion erhielt Link die Anfrage eines Amerikaners aus Wyoming in den USA, ob er bereit sei, einen T-Rex-Dinosaurier zu kaufen. Inzwischen arbeitete Christian Link fest mit dem Auktionshaus Koller zusammen. «Das war Anfang 2023 und wir hatten knapp vier Monate Zeit, alles logistisch vorzubereiten und Interessenten für den Kauf zu finden. Die Logistik allein war ein Riesenunterfangen: Die Einzelteile des ­Dinosauriers mit einem Gesamtgewicht von dreieinhalb Tonnen wurden in neun Kisten verpackt», erzählt er weiter. Es handelte sich um das erste T-Rex-Skelett, das jemals in Europa versteigert wurde. Das Knochengerüst bildete den Höhepunkt der insgesamt 70 Stücke umfassenden Auktion «Out of This World II».

Ab Anfang April wurde der T-Rex für zwei Wochen dem breiten Publikum in der Tonhalle gezeigt. Das allgemeine Interesse war riesig, es kamen 35 000 Besucherinnen und Besucher.

Nicht alles am Skelett ist original

«Wir waren froh, dass drei Interessenten für den Tyrannosaurus Rex an der Auktion am 18. April 2023 teilnahmen und überglücklich, dass ein Belgier aus Antwerpen diesen für 5,5 Millionen Franken ersteigerte», so Link. Der Privatmann hatte das Skelett «Trinity» (Dreieinigkeit) getauft, weil es aus Knochen von drei ­verschiedenen Tieren zusammengefügt war, die zwischen 2008 und 2013 in den US-Staaten Montana und Wyoming gefunden wurden. 50 Prozent der Knochen sind Originalmaterial, was laut Auktionshaus eine gute Quote sei. Das Skelett misst 11,6 mal 3,9 Meter.

Der Käufer versicherte, dass die geschätzt 65 Millionen Jahre alten Dinosaurierknochen in Europa bleiben würden. Die Phoebus Foundation, eine Kunststiftung mit philanthropischen Zielen, baut momentan ein geeignetes Museum in Antwerpen. Bis dahin haben sich Köbi Sieber und Yolanda Sieber-Schick vom Sauriermuseum in Aathal bereit erklärt, dem T-Rex Unterschlupf zu gewähren. Es gibt sicher noch manche Familie mit oder ohne Kinder, die sich diese einmalige Gelegenheit, den T-Rex aus der Nähe zu sehen, nicht entgehen lassen will.

Jeannette Gerber/Zürich24