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Zürich 2
04.06.2024

Für einmal gab es Medaillen für alle

Das Ensemble Kids Club in neonfarbenen Kleidern legt ein rasantes Tempo vor. Die «Theaterstudiolympiade» war auch fürs Publikum ein Spektakel.
Das Ensemble Kids Club in neonfarbenen Kleidern legt ein rasantes Tempo vor. Die «Theaterstudiolympiade» war auch fürs Publikum ein Spektakel. Bild: Jeannette Gerber
Olympische Sommerspiele in Paris oder Fussball-EM in Deutschland? An der «Theaterstudiolympiade» in der Roten Fabrik experimentierten, improvisierten und tanzten Kinder und Jugendliche auf der Bühne – und stiegen aufs Siegertreppchen.

Jeannette Gerber

Nachdem das Theater der Roten Fabrik im letzten Sommer einen tollen Erfolg mit der Produktion «Hu is Hu» hatte verzeichnen dürfen, liess sich die künstle­rische Leiterin Golda Eppstein auch für dieses Jahr etwas ganz Spezielles einfallen. Eigentlich nicht sie allein, sondern gemeinsam mit den im letzten Jahr beteiligten Jugendlichen.

Eine neue Produktion muss weit im Voraus geplant werden, damit genügend Zeit für die Eingabe an die Stadt für die Bewilligung bleibt. So befragte Eppstein schon im März letzten Jahres die damals Mitwirkenden der vierten bis sechsten Klasse, was sie sich für 2024 vorstellen könnten: «Eines der Kinder wies darauf hin, dass dann die Olympischen Sommerspiele in Paris stattfänden, und ein anderes machte auf die Europameisterschaft im Fussball in Deutschland im selben Jahr aufmerksam», sagte Eppstein. «Also, wieso eigentlich keine Theaterolympiade?» Und da es im Sport – und nicht nur da – in erster Linie ums Gewinnen gehe, war auch schon das Thema klar, nämlich «Gewinnen und Verlieren», erzählte sie.

Eine Performance, die Gold wert ist

Vier Teams verschiedener Altersstufen hätten sich über den Winter für diese Produktion qualifiziert, indem sie zum gegebenen Thema recherchierten, so Eppstein. «Sie alle haben experimentiert, improvisiert, musiziert, getanzt unddadurch eine goldmedaillenwürdige Performance entwickelt», fuhr sie stolz fort.

Und so kam es zur Produktion «WinWin – Medaillen für alle! Die Theaterstudiolympiade 2024», die am 25. und 26. Mai im Fabriktheater aufgeführt wurde. Gesamtregie führte laut Eppstein «die grossartige Martha Zürcher». Und sie selbst als Leiterin des Theaters, aber auch Schauspielerin verkörperte nebenbei auf der Bühne für die Events das Maskottchen. Es waren total vier Gruppen beteiligt, wobei jede Gruppe mit jeder auftrat. Die einzelnen Performances dauerten nur je eine halbe Stunde. Wer also ein Ticket kaufte, konnte mit diesem auch alle anderen Aufführungen geniessen.

Eppstein betrat als Maskottchen «Goldauge» als Erste die Bühne für die Aufführung der beiden Ensembles Kids Club (10 bis 12 Jahre) und U16 (13 bis 15 Jahre). Sie begrüsste zum Auftakt das Publikum und wies darauf hin, wie intensiv die Athletinnen und Athleten für dieses Wochenende trainiert und wie sehr sie sich auf ihren Auftritt gefreut hätten. Dann bat sie um Unterstützung der beiden Teams und um den verdienten Applaus.

Zuerst begann jede Gruppe mit einem herausfordernden Tanz im Stil des Haka der neuseeländischen Maori, um sich gegenseitig anzufeuern und wie bei einem  Battle der Konkurrenz zu stellen. Der Kids Club in seinen farblich trendigen Outfits legte von Anfang an ein rasantes Tempo vor.

Es wurde unter anderem geboxt, geturnt, gerannt, getanzt, Breakdance gezeigt oder synchron geschwommen. Bei den meisten Sportveranstaltungen geht es grundsätzlich ums Gewinnen, hier aber wollte man zeigen, dass es in erster Linie ums Mitmachen am Wettbewerb geht, um den Spass an Gemeinsamkeiten. Angst vor dem Verlieren sollte niemand haben müssen, und niemand sollte als Loser abgestempelt werden.

Auf Siegertreppchen steigen

Das Ensemble U16 kam in dezentem Schwarz-Weiss daher. Zu Beginn rühmten alle Beteiligten in grossen Worten ihre speziellen Skills. Daraufhin mussten sie sich mit einer Nummer auf dem Rücken einem Casting unterziehen. Trotz Aufbegehren wurden alle – eine nach der anderen und einer nach dem anderen – abgewählt. Ganz ohne irgendwelche Grundangabe. Dabei hatten sie sich so sehr in ihrer jeweiligen Disziplin vorbereitet. Vielleicht wäre da ein bisschen mehr Demut angesagt gewesen? Überheblichkeit und Stolz waren es jedenfalls nicht. Dann erzählten zwei Jugendliche von einem Flugzeugabsturz, den sie dank ihres mutigen Eingreifens überlebt hatten – also auch gewonnen. Schliesslich wurde doch der Sieger der Sieger gewählt, und es gab eine überbordende Party, die am Ende in eine Schlägerei ausartete. Erschöpft legten sich die Teilnehmenden danach auf den Boden. Gleichzeitig lief an der Wand ein Film, in dem alle wie in einem Tagtraum von ihren Ängsten und Zwängen befreit wurden. Fazit: Man ist, wer man ist. Nur so ist man echt und kommt authentisch rüber.

Zum Abschluss durften die Protagonistinnen und Protagonisten auf ihr eigenes mitgebrachtes Siegertreppchen steigen und von Regisseurin Martha Zürcher und Leiterin Golda Eppstein ihre wohlverdiente Medaille mit grossem Applaus entgegennehmen.

Mehr über das Theaterstudio Golda Eppstein erfahren: www.eppstein.ch

Die Synchronschwimmerinnen mit dem obligaten «Chlüppli» auf der Nase. Bild: Jeannette Gerber
Jeannette Gerber/Zürich24