Der Verein Kassette für Projekte kuratierte und organisierte von 2013 bis 2017 in den Räumlichkeiten eines denkmalgeschützten Biedermeierhauses nahe dem Pfauen in Hottingen zahlreiche kulturelle Veranstaltungen. «Die Kassettenwände der Räume inspirierten uns zu dem Namen», erzählt Gründerin und Vereinspräsidentin Regula Ehrliholzer. «Wir haben uns im Quartier gut etabliert und hatten eine wachsende Zahl an Mitgliedern, die an den Veranstaltungen teilnahmen. 2017 wurde das Haus jedoch verkauft und wir bekamen die Kündigung.»
Corona verhindert Neubeginn
Drei Jahre lang lagen die Aktivitäten des Vereins brach, dann folgte ein Neustart im Wartsaal Wipkingen, im Bahnhofsgebäude, das seit der Schliessung des Bahnhofreisebüros ebenfalls für kulturelle Veranstaltungen genutzt wird. «Ich war damals im Vorstand des Vereins Wartsaal Wipkingen, und alles sah positiv aus, doch dann kam die Coronapandemie und es lief weitere zwei Jahre nichts. Wir hatten immer weniger Mitglieder, und da wir während der Pandemie auch keine Mitgliederbeiträge verlangten, wurde zudem die Finanzierung schwieriger.» Dennoch fanden im Wartsaal nach Corona einige Ausstellungen, Werkschauen und Buchvernissagen statt. «In Wipkingen hat es mir gut gefallen, es ist ein lebendiges Quartier mit interessierten Bewohnerinnen und Bewohnern.»
Für den «Kassette»-Vorstand, dem neben Regula Ehrliholzer Martina Müller, Geschäftsleiterin im Theater am Gleis, und der Journalist, Schriftsteller und Fotograf Michael Guggenheimer angehören, wurde trotzdem klar, dass die Zeit für ein Ende gekommen war. Zumal die Präsidentin inzwischen in den Kanton Glarus umgezogen war. «Unser Programm war sehr vielfältig», zieht Regula Ehrliholzer Bilanz. «Wir konnten zwischen den Sparten agieren. Gerade im Bereich Design gibt es in Zürich ausserhalb der grossen Institutionen wenig Plattformen.» Es gab verschiedene Ausstellungen, Aktionen, Installationen, Lesungen und Workshops, und nicht selten wurden die Veranstaltungen mit punktuellen Anlässen wie Workshops, Retraiten, Vorträgen, Lesungen und Debatten aus verschiedenen kulturellen Sparten ergänzt oder es wurden auch kleine Werkausgaben produziert.
Starthilfe für viele
«Die ‹Kassette› war nicht nur ein Ort der Auseinandersetzung, des Austauschs und der Meinungsbildung zu kulturellen Themen, sondern für manche Künstlerinnen, Künstler und Verlage eine Starthilfe und die erste Plattform, an der sie sich und ihr Werk zeigen konnten. Wir sind stolz, dass einige von ihnen sich danach in der Szene etablieren konnten.» Dazu gehört zum Beispiel der aus Teheran stammende Grafikdesigner Hoseyn A. Zadeh, der für den Wartsaal eine Wort-Installation zum Thema Warten eingerichtet hat. «Man konnte bei uns etwas ausprobieren, das sich dann weiterentwickelte», sagt Regula Ehrliholzer, die von Beruf selber Grafikerin ist.
Maximal zählte der Verein Kassette rund 65 Mitglieder, viele davon nahmen an fast allen Veranstaltungen teil. «Man spürte ein wahres Interesse an dem, was wir zu machen vorschlugen, und eine Verbundenheit innerhalb des Vereins. Interessant war auch der Austausch mit anderen Verbänden. Da wir uns nicht auf eine Sparte konzentrieren mussten, waren wir offen für alles.»
Für Regula Ehrliholzer überwiegt die Freude an der Rückschau auf das, was stattgefunden hat, vor dem Bedauern, dass der Verein sich aufgelöst hat. «Ich habe lange meine Kreativität anderen zur Verfügung gestellt, jetzt soll sie wieder in eigene Projekte einfliessen.»
Die Webseite www.die-kassette.ch bleibt weiterhin bestehen, mit dem gesamten Archiv der seit 2013 durchgeführten Veranstaltungen.