Karin Steiner
Cora Olpe lebte viele Jahre in England und lernte dort ihren künftigen Mann George Roberts kennen. 2020 beschloss das Paar, in die Schweiz nach Zürich zu ziehen. «Damit begann für uns die Wohnungssuche», erzählt sie. «Wegen der Pandemie war es ohnehin unmöglich, freie Wohnungen zu besichtigen. Wir hatten aber Glück und fanden eine kleine Wohnung in der Enge.»
Eigenes Programm entwickelt
Als Eltern eines kleinen Kindes wünschten sie sich jedoch eine Viereinhalb-Zimmer-Wohnung. «Wir stellten fest, dass gerade diese Wohnungsgrösse bei Familien sehr beliebt ist. Wenn eine solche Wohnung auf Homegate ausgeschrieben ist, ist die Miete meistens horrend. Als Baslerin, die lange in England gelebt hatte, kannte ich das Prinzip der Baugenossenschaften nicht. Auf der Suche nach einer Wohnung stellte ich fest, dass die meisten Genossenschaften keine Wartelisten führen und ausschliesslich auf ihren Websites inserieren. Das heisst, man muss diese manuell durchsuchen – über 70 Websites täglich.»
Das erschien der berufstätigen Mutter, die als Wissenschaftlerin an der Uni Irchel arbeitet, und ihrem Mann, der Physiker von Beruf ist und als Programmierer arbeitet, unmöglich. Deshalb hat das Paar vor knapp einem Jahr «GenossenSchaffen.ch» ins Leben gerufen. George Roberts entwickelte ein Programm, das selbstständig mit einem Algorithmus alle Seiten von Baugenossenschaften nach neuen Wohnungsinseraten durchsucht. «Häufig sind die Inserate nur sehr kurz online – nicht selten weniger als 24 Stunden. Manuell solche Inserate zu suchen, ist somit extrem aufwendig», sagt Cora Olpe.
«Auch haben wir festgestellt, dass Neubauprojekte sehr interessant sind. Von heute auf morgen werden manchmal Hunderte von Wohnungen ausgeschrieben. Um eine zu ergattern, muss man schnell handeln können.» Da das Programm Neubauten nicht erfasst, durchstöbern Cora Olpe und George Roberts täglich die Websites von Baugenossenschaften von Hand nach solchen Angeboten. «Es ist nicht selten, dass Wohnungen in Neubauprojekten schon nach wenigen Stunden wieder offline sind.»
Abo für fünf Franken
Wer sich für den Suchdienst von www.genossenschaffen.ch interessiert, kann ein Abo für fünf Franken lösen. Danach wird er ab sofort per Mail mit Infos und Links über neue Angebote informiert. Damit keine E‑Mails mit ungeeigneten Angeboten im Posteingang landen, können Abonnentinnen und Abonnenten definieren, welche Wohnungsgrössen sie interessieren. «Auch kann man einstellen, ob die Wohnung unbedingt in der Stadt Zürich liegen muss oder ob auch der Kanton Zürich infrage kommt.»
Das Programm beobachtet 98 Genossenschaften im Kanton Zürich. Hinzu kommen die gemeinnützige Stiftung PWG sowie Angebote der Stadt Zürich. «Eine städtische Wohnung zu ergattern, ist jedoch sehr schwierig. Per Zufallsgenerator werden einige Bewerberinnen und Bewerber ausgesucht und zu einer Besichtigung eingeladen.»
Auf www.genossenschaffen.ch findet man eine Übersicht über alle Genossenschaften im Kanton und über städtische Liegenschaften in der Stadt Zürich. Auch erfährt man, welche Genossenschaften Wartelisten führen. Eine Checkliste und Tipps für die Bewerbung ergänzen das Angebot. «Wir bauen das Programm laufend aus und ergänzen es mit zusätzlichen Filtern», sagt Cora Olpe. «Rubriken für Alterswohnungen oder für die gewünschte Wohnungsgrösse haben wir bereits. Aufgrund von Rückmeldungen unserer Abonnenten wollen wir zusätzliche Filter für die Stadt Winterthur und für Haustiere einbauen. Leider sind in den meisten Genossenschaften Hunde nicht erlaubt. Wir weisen potenzielle Kunden extra darauf hin, bevor sie ein Abo lösen.»
Das Betreiben der Website kostet das Paar viel Zeit. «Ich stehe morgen früh auf und beantworte alle Mails. Wir bekommen viele Rückmeldungen, erfreulicherweise auch von glücklichen Leuten, die eine Wohnung gefunden haben.» Den Aktivitäten von «GenossenSchaffen» kann man auch auf Instagram folgen.