Rahel Köppel
Sie bewohnt das aussergewöhnliche «Haus zu den drei Tannen», das gut zu Clara Luisa Demar passt: vielfältig, geheimnisvoll und ungewöhnlich. Demar ist Konzertpianistin, singt, kann bauchreden und ist Schauspielerin.
Ihr künstlerischer Werdegang begann mit dem Klavier. Mit sechs Jahren hatte Clara Luisa Demar ihre erste Klavierstunde. Diese Leidenschaft hätte sich aber nicht entwickelt, wäre Demars Vater nicht gewesen. «Nach drei Klavierstunden hatte ich eigentlich schon keine Lust mehr», sagt die Zürcherin im Gespräch. Ihr Vater jedoch wollte, dass sie die Klavierstunde weiterhin besuchte.
Demar erwies sich am Klavier als höchst untauglich, und die Erwachsenen blickten mitleidig auf das sich am Klavier plagende Kind herab, das es halt einfach nicht zu begreifen schien. Als sie dann aber mit neun Jahren mitbekam, wie ein Junge Beethovens «Mondscheinsonate» spielte, wusste sie: Das wollte sie auch können. «Und dann spielte ich mit 14 Jahren meine ersten Beethoven-Konzerte», erzählt sie.
Alfred Cortot prägte sie
Einer ihrer musikalischen Ausbilder und Wegweiser war der französische Pianist Alfred Cortot. Er war einer der grössten Pianisten des 20. Jahrhunderts, von dem Demar sehr viel lernen konnte. «Il faut toujours continuer» (man muss immer weitergehen) war ein Satz, den er Clara Demar mitgegeben hat. «Die Bedeutung einiger Dinge, die er mir gesagt hat, habe ich erst viele Jahre nach seinem Tod wirklich verstanden», sagt sie.
Clara Demar beschäftigt sich generell viel mit der Bedeutung von Musik. «Es gibt keine Musik ohne hintergründige Gedanken», sagt sie. Komponisten würden mit ihren Werken eine Geschichte erzählen oder persönliche Erfahrungen mitteilen oder in der Sprache der Musik Botschaften mit ihrem Herzblut sagen. Demars Lieblingskomponist ist Ludwig van Beethoven, der trotz seines Hörverlustes weiter musiziert hat. «Er ist eine Inspiration für Menschen, die sich in einer ähnlichen schweren Lebenslage befinden», sagt sie.
Die Engemerin war zu Konzerten in fast allen Ländern Europas. Sie begann dann «Lebensbilder» von Komponisten und Dichtern zu gestalten, in Wort, Ton und Bild. Und sie hat Arbeiten gemacht, die Wissenschaft und Kunst verbinden. So beispielsweise zum Thema Geschichte: «Martin Disteli und das Werden der Neuen Schweiz», eine Ausstellung mit Musiktheater in der Haupthalle der ETH im Jahr 1998 zum Jubiläum «150 Jahre Gründung Schweizerischer Bundesstaat». Oder «Mélodies célestes» für das weltberühmte astronomische Institut der Universität Genf (Entdeckung des ersten Planeten ausserhalb unseres Sonnensystems).
Als Tochter eines Polizeikommissars und einer Ärztin fragt man sich wohl, wie Demar zu ihrem künstlerischen Lebenslauf gekommen ist. «Meine Mutter war sehr an Literatur interessiert und hatte immer eine grosse Beziehung zur Kunst», erzählt Demar. Auch ihr Grossvater war Künstler, und die Schweizer Malerin Clara Müller war ihre Grosstante. Neben dem Klavierspielen hat Demar auch andere Leidenschaften, zu welchen unter anderem das Schauspiel gehört.
Sie erinnert sich an ein Erlebnis, als sie in der fünften Klasse ihre Schulkameradin damit beauftragte, in einer «Maria Stuart»-Szene aus Schillers Drama die Elisabeth zu spielen. Die Schulkameradin verstand wohl die erbitterte Auseinandersetzung zwischen Maria Stuart und Elisabeth I. nicht wirklich. Umso schwerer fiel ihr das Auswendiglernen des Textes. Demar riet nun, in der Nacht mit einer Taschenlampe unter der Bettdecke diesen Text zu lernen. Als das Projekt aufflog, waren die Folgen nicht undramatischer Natur!