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Stadt Zürich
25.09.2024
23.09.2024 17:33 Uhr

Altersstrategie auf dem Prüfstand

Seniorinnen und Senioren an einer Quartierbegehung in Höngg mit Andreas Hauri.
Seniorinnen und Senioren an einer Quartierbegehung in Höngg mit Andreas Hauri. Bild: Stadt Zürich
2020 begann die Stadt mit Massnahmen im Rahmen der Altersstrategie 2035. Nach vier Jahren berichtet sie nun von einigen Erfolgen bei der Umsetzung. Doch angesichts der demografischen Entwicklungen bleiben die Herausforderungen gross.

Tobias Hoffmann

Da sass sie zu fünft, die geballte Alterskompetenz der Stadt Zürich: Stadtrat Andreas Hauri, Vorsteher des Gesundheits- und Umweltdepartements (GUD), flankiert von  Andrea Martin-Fischer, Direktorin Stiftung für Alterswohnungen (SAW), Claudio Della Giacoma, Direktor städtische Gesundheitsdienste (SGD), Renate Monego, Direktorin Gesundheitszentren für das Alter (GFA), und Nicole Mylonas, Direktorin Amt für Zusatzleistungen zur AHV/IV (AZL). Vor den Medien zogen die fünf eine Zwischenbilanz über die Wirksamkeit der Massnahmen, die die Stadt seit 2020 im Rahmen der Altersstrategie 2035 eingeleitet hat.

Bei Altersfragen geht es fast immer zuerst um Demografie. Andreas Hauri begann also mit Zahlen: Zurzeit leben 82 000 Menschen über 65 in der Stadt, was 18 Prozent der Gesamtbevölkerung entspricht. Wenn man die Prognosen anschaue, werde die Zahl bis 2045 auf 115 000 steigen, 30 000 davon über 80 Jahre alt. «Nur schon deshalb», so Hauri, «müssen wir uns damit auseinandersetzen, wie unsere Alterspolitik auszusehen hat.»

Dass die Stadt das seit Jahren intensiv tut, und zwar über immer mehr Abteilungen hinweg, davon zeugt eine 68-seitige Broschüre, in der die Umsetzungsphase 2020–2023 dokumentiert ist. Sie macht auch deutlich, dass es unmöglich war, an dieser Medienkonferenz die Vielfalt der getroffenen Massnahmen zu resümieren. Es konnte nur darum gehen, die hauptsächlichen Errungenschaften zu präsentieren.

Thema Nummer eins: Wohnungen

Angesichts der Wohnungskrise war es nicht verwunderlich, dass Hauri in seiner Einleitung als Erstes die Schaffung von rund 1000 neuen Alterswohnungen bis 2035 nannte. Andrea Martin-Fischer führte danach aus, welche Teilstrategien zum Tragen kämen. Neben dem Bau und der Nachverdichtung neuer Siedlungen würden auch Kooperationen mit anderen Wohnbauträgern angestrebt. Neu sei das Konzept von Satellitensiedlungen: Dabei würden kleinere Gebäude erstellt oder übernommen, die dann von einer nahe gelegenen SAW-Siedlung aus betreut würden.

An Claudio Della Giacoma war es, das Informationsangebot der Fachstelle Zürich im Alter (ZiA) vorzustellen. Sie wurde im Oktober 2021 gegründet und besteht unter anderem aus einer Onlineplattform, die ständig ausgebaut und offenbar immer mehr genutzt wird. In Form von drei über das Stadtgebiet verteilten Standorten im Klus-Park, in Oerlikon-Seebach und im Kreisgebäude Wipkingen kann man sich bei der Fachstelle ZiA zudem persönlich beraten lassen. Dazu ist in Wipkingen sogar ein niederschwelligeres Angebot geschaffen worden, ein Walk-in, wo ältere Menschen täglich ohne Anmeldung Erstinformationen und Flyer abholen können.

GFA-Direktorin Renate Monego ihrerseits betonte das auch im hohen Alter verbreitete Bedürfnis, möglichst lange zu Hause bleiben zu können. Weil dem so sei, investiere die Stadt viel in den ambulanten Bereich und in die Ressourcen der alten Menschen.

Rezepte gegen den Personalmangel

Nicole Mylonas schliesslich erläuterte neue Finanzierungsangebote, die verhindern helfen, dass Menschen aus finanziellen Gründen zu früh in ein Heim eintreten müssen, weil dort die fehlenden Mittel durch Zusatzleistungen gedeckt sind: «Die Finanzierung von Betreuungs- und Hotelleriekosten bei der Inanspruchnahme von Überbrückungsangeboten wie aber auch Betreuungsleistungen und Hilfsmittel, die man zu Hause braucht, mussten bis zur Schaffung dieser Zusatzleistungen privat finanziert werden.» Mit den neuen Beiträgen und Zuschüssen könne diese Lücke bei einkommensschwachen Personen geschlossen werden.

In der anschliessenden Fragerunde wurde ein notorisches Problem aufgeworfen: Allen Massnahmen zum Trotz wird der Personalbedarf gross bleiben, nur schon, weil die Zahl der Demenzkranken unaufhörlich steigt. Kann die Stadt in diesem Bereich überhaupt etwas tun? Renate Monegos Rezept lautet so: «Wir müssen als Arbeitgeber attraktiv sein. Konkret heisst das, dass man auf alle möglichen Anstellungsbedürfnisse eingeht.» So könne man bei GFA extrem flexibel arbeiten.

Perspektiven durch Weiterbildung

Offenbar kommt es bereits vor, dass zwei Frauen, die sich eine Stelle teilen, es untereinander ausmachen, wer welche Dienste übernimmt. Damit können sie auf die Kinderbetreuung und ihr Privatleben eingehen. Ausserdem ist laut Monego der Arbeitsbeginn nicht mehr so starr wie früher. Heute kann man, wenn man ein Kind in die Krippe bringen muss, auch erst um 8 statt wie früher strikt um 7 Uhr mit der Arbeit beginnen. Und GFA biete ein gutes Weiterbildungsprogramm, was jungen Leuten eine Perspektive für die Zukunft gebe. Wenn man zum Beispiel gerne mit Demenzkranken arbeite – und davon  gebe es viele –, könne man sich spezialisieren.

Das durchmischte Alter

Zum Schluss noch einmal zurück zum Thema Nummer eins, dem Wohnen: An­drea Martin-Fischer ging auf eine Frage nach der Förderung durchmischten Wohnens ein: «In Zusammenarbeit mit anderen Bauträgern versuchen wir, diese Durchmischung zu erreichen. Wir haben vier Projekte in Planung, wo das generationenverbindende Wohnen eine Rolle spielt.» Und brachte dann eine ungewohnte Perspektive ein: «Wir reden immer von älteren Menschen. Wir haben aber in unseren Siedlungen eine Bandbreite von 60 bis über 100. Das gilt zwar als eine Generation, bedeutet aber auch eine starke Durchmischung.» Wie recht Frau Martin-Fischer doch hat: Das Alter kennt viele Gesichter, heute mehr denn je. Menschen über 60 sollten wohl etwas mehr als Teil der gesellschaftlichen Vielfalt und weniger als gesellschaftliches Problem dargestellt werden.

Website «Zürich im Alter»: stadt-zuerich.ch/zuerich-im-alter

Tobias Hoffmann/Zürich24
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