Wer bei Nacht einen Abstecher auf den Friedhof Sihlfeld wagt, dem ist eine gruselige Stimmung, die für kribbelnde Gänsehaut sorgt, gewiss. Nur schon das eindrückliche Eingangsportal beim Sihlfeld A wirkt wie eine überdimensionale Gruft. Wednesday aus der gleichnamigen Netflix-Serie hätte mit Sicherheit diebisch viel Freude daran.
Betritt man den historischen und berühmten Friedhof bei Einbruch der Dämmerung, dürfte die einsetzende Dunkelheit gerade auf die Bäume und die Gräber zugreifen. Und so braucht man schon bald ein Licht, eine Kerze vielleicht, um sich zwischen den Gräbern zurechtzufinden. Vielleicht ist das leise Knacken links vorne oder das kaum wahrnehmbare Rauschen nebenan einer der grossen Namen, der gerade beobachtet. Und vielleicht hält das wohlige Gruseln beim Verlassen an, wenn der Weg zurück in Richtung Stadt führt.
Gruselgang durch die Geschichte
Inmitten der Altstadt liegt ein Geheimnis verborgen. Versteckt hinter einer unscheinbaren Holztüre offenbart sich ein Kapitel von Zürich, das leicht morbide, aber durchaus spannend ist. Leicht zu übersehen öffnet die besagte Türe an der Schifflände ein Tor in die Vergangenheit.
Hier befindet sich der Eingang zum Ehgraben. Ab dem Spätmittelalter bis zur Kloakenreform von 1867/68 wurden dort Küchenabfälle und Exkremente der Zürcherinnen und Zürcher aus den Häusern in eine offene Latrine gekippt. Erst mit der Reform wurden Kanalisationsrohre in den Boden verlegt. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das bis heute gebräuchliche Schwemmsystem übernommen.
Steht man im steinigen Kanal und lässt sich die Funktion dieser historischen Baute durch den Kopf gehen, fasziniert und stösst es zugleich ab. Man hat wirklich einst einen Strom an Fäkalien zwischen den Häusern fliessen lassen. Fast glaubt man den Geruch in der Nase zu vernehmen. Vermutlich reicht die Vorstellungskraft nicht annähernd aus, um den tatsächlichen Duft zu erahnen. Wie viele Menschen wohl in diesem Graben ihr braunes Grab gefunden haben? Spukt vielleicht sogar der eine oder andere Geist hier unten herum? Zeichnungen deuten aber darauf hin, dass niemand so leicht in den Graben plumpsen konnte. Da wurde schon auf Sicherheit geschaut. Aber es passt allemal zu Halloween.
Man kann den Ehgraben aber auch neugierig begehen, sich an den Infotafeln schlaulesen und vom interessanten Gefühl, unter den Häusern des Niederdorfs zu schlendern, begeistern lassen. Egal, ob man sich sanft gruseln oder lieber ein Stück Zürcher Geschichte sehen will, der Ehgraben ist einen Besuch wert.
Der Schlüssel, der die Tür öffnet, kann kostenlos im Stadthaus am Schalter S ausgeliehen werden. Aber Vorsicht: Der Ehgraben ist nichts für schwache Nerven. Da der Graben teilweise nur 40 Zentimeter breit ist, ist ein Besuch nichts für Menschen mit Platzangst.
Kirche, Krypta und Gebeine
Nur wenige Meter vom Ehgraben entfernt, auf der anderen Seite der Limmat, befindet sich unter der Fraumünsterkirche eine Krypta. Die uralten Mauern zeugen von einem Stück Zürcher Geschichte. Man kann zwischen den Ruinen durchlaufen und diese genau betrachten. Flankiert wird das geschichtsträchtige Mauerwerk von aufschlussreichen Dokumenten und Infotafeln. So erfährt man, wie bei Bauarbeiten zur Jahrtausendwende von 1900 unter dem Chor der Kirche Mauerreste einer Krypta gefunden wurden. Deren Entstehung dürfte irgendwann auf das 9. Jahrhundert datiert sein. Ursprünglich wurden in der Krypta Gebeine wichtiger Persönlichkeiten und Reliquien aufbewahrt. Dieser Geschichte widmet sich die multimediale Ausstellung in den hell gestalteten Katakomben unter der Kirche.
Kostenpunkt für einen Besuch in der Krypta sind 5 Franken. Und wenn man sowieso schon in der Fraumünsterkirche ist, bietet sich auch ein Abstecher zu den weltberühmten Kirchenfenstern von Marc Chagall an, die unmittelbar neben dem Eingang zur Krypta-Ausstellung zu finden sind.
Schaurige Spannung zu Halloween
Wer rund um Halloween dem Spuk in Zürichs Altstadtgassen entfliehen und stattdessen dem Herbstblues passenderweise mit Horrorfilmen frönen möchte, sind Klassiker wie «Der Exorzist»,«Das Omen» oder «Halloween» ein sicherer Gruselgarant. Und auch bei «Die Schlange im Regenbogen», wo Zombies und lebendige Tote auf Voodoo-Kult treffen, ist das Grauen garantiert.
Schaurige Spannung versprechen aber auch neuere Filme wie etwa «Hereditary», «Talk To Me» oder «Der Babadook». Wer hingegen lieber Serien mag, kann «Wednesday» bei der Auflösung einer Mordserie, die eine ganze Stadt in Schrecken versetzt, begleiten. Oder aber in «Brand New Cherry Flower» einer Filmemacherin auf ihrem Pfad der Rache folgen.
Ob nun hinter verschlossenen Türen oder aber auf Zürichs Friedhöfen: Wer sich rund um Halloween gruseln will, wird zweifelsohne auch diesen Herbst Wege finden, um auf seine Kosten zu kommen.
Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit dem Zürcher Online-Kultur-Magazin Bäckstage.ch