«Ich weiss noch genau, wie ich 1976 als 16-jähriger Schüler zum ersten Mal im Meer aus Lichtpunkten stand, die eine Spiegelkugel durch den ganzen Raum der Golden Eagle Disco flirren liess», erzählt Reto Baer (Box). «Dazu tauchten UV-Röhren alles, was weiss war, in ein überirdisch strahlendes Violett. Kein Wunder, erbettelte ich schon tags darauf von meinem Vater ein altes weisses Hemd. Ausserdem achtete ich fortan darauf, für die Disco immer auch weisse Socken zu tragen.» In der heutigen Welt aus Reizüberflutungen kann ein junger Mensch wahrscheinlich gar nicht mehr nachvollziehen, wie überwältigend eine simple Lichtorgel auf Jugendliche im Analogzeitalter gewirkt hatte. Und damals pulsierte die Lichtorgel noch nicht nach einem Computerprogramm, sondern reagierte tatsächlich auf den Rhythmus der Musik.
Ronnie Derichsweiler, ehemaliger Golden-Eagle-DJ, hat für den Revival-Abend am 19. Oktober die Original-Lichtorgel nachgebaut. Der 61-Jährige ist der eigentliche Initiant des Anlasses. Monatelang hat er unermüdlich gearbeitet, Helferinnen und Helfer zusammengetrommelt, eine Facebook-Gruppe gegründet sowie Plakat und Flyer mit dem Original-Logo gestaltet.
Mit seiner Begeisterung hat der Glattbrugger nicht nur drei weitere Ex-DJs angesteckt, die neben ihm aufgelegt haben, sondern auch Co-Gemeindeleiter Thomas Lichtleitner, der gerne grünes Licht gab, damit die Retro-Party am ursprünglichen Ort stattfinden konnte: im katholischen Kirchenzentrum Glattbrugg. Auch Hauswart Eddy Vasquez hat mitgeholfen, wo er kann.
Jungbrunnen unter der Kirche
Das war aber auch nötig: Gehofft haben die Organisatorin und die Organisatoren auf gut 70 Eintritte (à 15 Franken), um das Revival zu finanzieren. Gekommen sind rund dreimal so viele Gäste. «Es ist toll», sagt Mike Frei am Samstagabend angesichts der vielen Menschen zwischen 50 und 70, die sich vor dem Seiteneingang der Kirche St. Anna versammelt hatten und das Wiedersehen feierten. «Ich bin stolz, Teil von etwas zu sein.» Nach keinen zwei Stunden Grillbetrieb hat er das erste Mal Fleisch nachbestellen müssen, um halb zehn konnte er noch eine letzte Kiste Prosecco besorgen. Und er hat noch etwas beobachtet: «Manch einer, der beim ersten Mal so unsicher die Treppe runterging, dass ich ihm Hilfe anbieten wollte, kam später beschwingt und leichtfüssig wieder nach oben.» Offenbar wirkt das Treiben unter der katholischen Kirche wie ein Jungbrunnen.