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Will der Stadtrat die Kreislaufwirtschaft entsorgen ?

Christian Häberli, AL-Gemeinderat, Wahlkreis 11
Christian Häberli, AL-Gemeinderat, Wahlkreis 11 Bild: zvg
Die Vorschläge liegen auf dem Tisch: eine etappierte Reduktion der Anzahl Coupons, zeitlich abgestimmt auf den Ausbau der mobilen Quartier-Recyclinghöfe.

Ende 2022 hat der Stadtrat die «Strategie Kreislaufwirtschaft» für Zürich beschlossen. Im Februar dieses Jahres folgte die Umsetzungsagenda 2024– 2026 mit 79 Massnahmen. Darunter befindet sich auch die Einführung der mobilen Recyclinghöfe in den Quartieren. Mindestens 30 davon soll es bis Ende 2026 geben. Weiter stehen über ein Dutzend Kommunikationsmassnahmen auf der Liste, um den Zürcher/-innen einen möglichst niederschwelligen Umstieg vom Einwegdenken «Werbung schauen – Konsumieren – Wegwerfen» zum Leben in geschlossenen Kreisläufen aufzuzeigen. Die Verfasser/-innen des Massnahmenkatalogs haben der sorgfältigen Kommunikation grosses Gewicht beigemessen.

Umso grösser das Unverständnis, als der Stadtrat Anfang September bekannt gab, die Entsorgungscoupons abzuschaffen, um die «Entsorgung in den Quartieren» zu fördern. Die Coupons sind ein erfolgreicher Anreiz, defekte oder nicht mehr gebrauchte Gegenstände  wieder zu verwenden. Die Abschaffung der Coupons mag eine gut gemeinte Aktion sein, um die Kreislaufwirtschaft zu fördern. Doch: Gut gemeint ist halt selten gut. Mit der unüberlegten Aktion zur Abschaffung der Entsorgungscoupons fuchtelt der Stadtrat in den sorgfältig ausgearbeiteten Plan mit den 79 Massnahmen zur Umsetzung der Kreislaufwirtschaft hinein. Nota bene: Die Abschaffung der Coupons ist dort nicht enthalten.

Der Stadtrat tut gut daran, dem Gemeinderat zu folgen und zeitnah auf seinen Entscheid zurückzukommen. Die Vorschläge liegen auf dem Tisch: eine etappierte Reduktion der Anzahl Coupons, zeitlich abgestimmt auf den zufriedenstellenden Ausbau der mobilen Recyclinghöfe in den Quartieren. Zufriedenstellend ist dieses Angebot, wenn die mobilen Recyclinghöfe bedarfsgerecht in der Stadt verteilt und zeitlich oft genug verfügbar sind. Ausserdem ist zu klären, wie schwere oder voluminöse Gegenstände dorthin transportiert werden können. Werden bewährte Mittel wie die Entsorgungscoupons vorher abgeschafft, ist die erfolgreiche Einführung der Kreislaufwirtschaft gefährdet.

Die Anlieferung an die bestehenden Recyclinghöfe Looächer (Zürich Nord) und Werdhölzli (Zürich West) bleibt erhalten, aber nur gegen Gebühr. Das Gleiche gilt für den ERZ-Abholservice, der 346 Franken kostet. Dieser Service ist dann eine gute Sache, wenn sich einige Nachbar/-innen zusammentun, um die Kosten zu teilen. Dennoch bleiben für grössere Mengen und sperrige Gegenstände ausschliesslich gebührenpflichtige Angebote. Menschen mit einem geringen Einkommen werden sich das nicht leisten können. Es darf nicht Ziel der Kreislaufwirtschaft sein, die Rahmenbedingungen zu Lasten der Wenigverdienenden zu verschlechtern.

In der Rubrik «Aus dem Gemeinderat» schreiben Volksvertreterinnen und -vertreter regelmässig einen Beitrag. Alle im Stadtparlament vertretenen Parteien bekommen hierzu regelmässig Gelegenheit. Die Schreibenden ­äussern im Beitrag ihre persönliche Meinung.

Christian Häberli