Home Region Sport Magazin Schweiz/Ausland
Kanton Zürich
24.02.2023
24.02.2023 15:02 Uhr

Jetzt schon Lärm um Pistenausbau

Das Misstrauen der Bevölkerung im Norden, Osten und Westen des Kantons ­gegenüber dem Flughafen ist gross.
Das Misstrauen der Bevölkerung im Norden, Osten und Westen des Kantons ­gegenüber dem Flughafen ist gross. Bild: Roger Suter
Der Flughafen möchte zwei seiner Pisten verlängern – zur Sicherheit, sagt er, zur Kapazitätssteigerung, sagen seine Kritiker. Der Regierungsrat möchte grünes Licht geben, der Kantonsrat wird noch darüber diskutieren.

Roger Suter

In absehbarer Zeit wird sich der Kantonsrat mit dem Thema Pistenverlängerungen befassen. Denn der Regierungsrat möchte seine Vertretung in der Flughafen Zürich AG anweisen, für den Ausbau der Piste 32 um 280 Meter Richtung Norden und der Piste 18 um 400 Meter Richtung Westen zu stimmen. Der Kantonsrat könnte das ablehnen, doch würde dieser Entscheid bei genügend Unterschriften auch dem Volk vorgelegt werden, sieht das Flughafengesetz vor. 

Das Ansinnen der in der Regel flughafenfreundlichen Kantonsregierung rief bereits verschiedene Fluglärmorganisationen auf den Plan. Die älteste von ihnen ist der Schutzverband der Bevölkerung um den Flughafen Zürich, kurz SBFZ. Er fordert «Qualität vor Quantität»: Gemäss den Grundsätzen, welche die Delegierten aus 51 Gemeinden rund um den Flug­hafen im November 2021 beschlossen ­haben, sollen die Pisten nicht verlängert werden. 

Er anerkennt, dass die Pistenverlängerungen den Betrieb vereinfachen, Störungen und damit (abendliche) Verspätungen vermindern und viele Menschen vom lärmigen Südkonzept (frühmorgendliche Landungen von Süden) entlastet werden können. Gleichzeitig führten diese Ausbauten aber auch zu grösserer Kapazität – auch abends, wenn die Nachfrage nach Anschlussflügen besonders gross sei und wohl auch befriedigt würde. Diese brächten aber bloss Umsteigepas­sagiere und nächtlichen Fluglärm, die der Volkswirtschaft der Region nichts brächten. «Der Lärmteppich wird sich vergrössern und nach Norden und Osten verschieben», so der SBFZ. 

«Fair in Air» findet, das jetzige Pistensystem würde die Sicherheit bereits heute gewährleisten, und zitiert seinerseits Thomas Hardegger, alt Nationalrat und ehemaliger SBFZ-Präsident: «Pistenverlängerungen dienen einzig der Kapazitätserhöhung.» «Fair in Air»-Präsident Urs Dietschi befürchtet ausserdem mehr schwere Maschinen, die mehr Lärm verursachen. 

Länger, aber gleiche Kapazität 

Die Zürcher Handelskammer auf der ­anderen Seite widerspricht, dass es um Kapazitätsausbau gehe. «Die Kapazität am Tag hindurch bemisst sich nach dem Nordlandekonzept. An diesem ändern die Pistenverlängerungen nichts – sie ­betreffen das Ostlandekonzept.» Zudem werde Zürich auch bei verlängerten ­Pisten «das strengste Korsett vergleich­barer Hubs in Europa haben» mit der Nachtruhe von 23.30 bis 6 Uhr und der Mitsprache bei mehr als 320 000 Bewegungen pro Jahr.

Auch das Komitee Weltoffenes Zürich ­betont, es gehe um ein stabileres Ost­konzept und damit um weniger Verspätungen nach 23 Uhr – und wirft «Fair in Air» vor, falsch und damit unfair zu argumentieren. 

Der Flughafen betont, dass es eine ­Sicherheitsüberprüfung war, die 2012 die Pistenverlängerungen als wichtige Massnahme zur Erhöhung der Sicherheitsmarge definierte. Es bestehe kein ­Zusammenhang zwischen Pistenlänge und Anzahl Flugbewegungen. Zudem ändere das Projekt nichts an den geltenden Rahmenbedingungen, die der Bund im Sachplan Infrastruktur Luftfahrt (SIL) vorgebe. «Die darin tagsüber vorgesehene (leichte Erhöhung der) Kapazität auf 70 Flugbewegungen pro Stunde steht in keiner Verbindung zum Projekt der Pistenverlängerungen. Relevant hierfür sind andere Massnahmen, nämlich Schnell­abrollwege und die Entflechtung der Flugrouten.» Fakt sei, dass längere Pisten das abendliche Ostkonzept stabiler machten, weil schwere Langstreckenmaschinen ­direkt von der nahe gelegenen Piste 32 starten könnten und auch nicht die Landepiste 28 queren müssten, was Verspätungen vermindere. 

Das Misstrauen der Bevölkerung des Nordens, des Ostens und des Westens ­gegenüber dem Flughafen ist gross, und Beteuerungen vermögen es nicht mehr zu beseitigen. Hinzu kommt ein Gefühl der Ohnmacht: Auch Bundesbern hat schon im Sinne des Flughafens entschieden. 

Roger Suter
Demnächst