Am 23. August 2027 verlässt eine 22-Jährige, nennen wir sie Jasmin D., im Hauptbahnhof Zürich die S-Bahn, die sie um 7.09 Uhr in ihrem Wohnort Bubikon bestiegen hat, nimmt die Rolltreppe zur Sihlpassage, wendet sich nach links, steigt die Treppe zur Europaallee hoch und strebt, obwohl sie früh dran ist, schnellen Schritts der Kasernenstrasse entlang dem Bildungszentrum für Erwachsene zu. Nach wenigen Minuten steht sie vor der von Grund auf erneuerten ehemaligen Militärkaserne, die für die nächsten drei Jahre ihr «Schulhaus» sein wird (aber auch als Kursort für die Erwachsenenbildung dient).
Nach ihrer Lehre hat Jasmin gejobbt und dann eine Weltreise gemacht, unter anderem, um die Verwandten ihrer Mutter zu besuchen. Nun wird sie wieder büffeln müssen, um danach noch weitere Jahre weiterbüffeln zu dürfen. Jasmin ist sich in Südamerika darüber klar geworden, dass sie unbedingt internationale Beziehungen und Sprachen studieren will. Für sie führt kein Weg an der Maturitätsschule für Erwachsene vorbei. Nachdem sie das Bildungszentrum durch den Haupteingang betreten hat, nimmt sie den Lift ins dritte Obergeschoss und entschwindet unseren Blicken. Ihr erster Schultag beginnt in einer Viertelstunde.
Der Geist aus dem alten Gemäuer
Es ist ein kleines Wunder, dass Jasmin hier wird ein- und ausgehen dürfen. Jahrzehntelang wurden Pläne für die Neunutzung des Kasernenareals gewälzt. Vielleicht ging es so lang, weil die urbanistischen Träume, die eine so zentrale Fläche von etwa 75 000 Quadratmetern wuchern liess, immer etwas zu üppig sprossen. Und dann war da noch das Problem, dass der Kanton als Besitzer des Areals und die Stadt, die es umschliesst, nicht ganz die gleichen Vorstellungen besassen. Dann ging der Knoten endlich auf. 2013/2014 wurde, zusammen mit der Bevölkerung, ein Zukunftsbild erarbeitet, die daraus entwickelte Vision mündete in einem Masterplan mit einer vierstufigen Arealentwicklung. Der Umbau und die Neunutzung der Militärkaserne stellen den ersten konkreten Umsetzungsschritt dar.
Eine Machbarkeitsstudie von 2018 bestätigte die angedachte Nutzung als Schulhaus. Aus dem 2019 durchgeführten Wettbewerb ging das Projekt der Spillmann Echsle Architekten AG als Sieger hervor. Es sieht den weitgehenden Erhalt der historischen Bausubstanz und Ausbauelemente vor.
In einem zentralen Punkt wagt es allerdings einen grossen Eingriff, der die Jury zu einem poetischen Höhenflug verleitete: «Mit dem gezielt eingefügten Atrium wird der Kaserne ein befreiender Geist eingehaucht, von dem man denkt, er hätte schon immer in den Ritzen des alten Gemäuers auf seine Befreiung gewartet.»