Pascal Turin, Lorenz Steinmann
Vor vier Jahren waren die Grünen die grossen Gewinner und es kam zum Linksrutsch. Doch jetzt ist es zur Korrektur gekommen. Die Schweiz wird wieder konservativer und die SVP konnte die Sitzverluste von 2019 national zu einem grossen Teil wettmachen (+9 Sitze).
Auch die SP (+2), die Mitte (+1), die EDU (+1) und das Mouvement citoyens genevois (+2) dürfen sich zu den Wahlsiegern zählen. Während die FDP (–1) und die EVP (–1) leicht verlieren, müssen die Grünen (–5) sowie die GLP (–6) deutlich Federn lassen. Die Lega im Tessin bleibt stabil.
GLP muss zwei Sitze abgeben
Im Kanton Zürich konnte die SVP allerdings nicht zulegen, aber immerhin ihre Nationalratsmandate halten. «Bedenklich ist, dass die links-grünen Städte die Landregionen regelrecht dominieren», schreibt die SVP Kanton Zürich in einer Mitteilung. Die SP konnte einen zusätzlichen Sitz gewinnen, ebenso die EDU. Bei der Mitte wurden es sogar zwei Sitze mehr.
Beim Wähleranteil darf sich die SP als Siegerin (+3,83 Prozent) bezeichnen. Hinter den Sozialdemokraten folgen die Mitte (+2,10 Prozent) und die SVP (+0,65 Prozent). Doch bei der SP Kanton Zürich ist die Freude verhalten: «Die SP gewinnt die Wahl in Zürich, aber die Schweiz rutscht nach rechts», titelt die Partei in ihrer Mitteilung. Begeistert zeigt sich die Mitte Kanton Zürich und spricht von einem «sensationellen Resultat».
Zwei Sitze musste die GLP abgeben. Es traf neben der Kilchbergerin Judith
Bellaiche auch den Opfiker Stadtrat Jörg Mäder. Auf Anfrage sagt er, er sei sehr enttäuscht. «Ich habe die letzten vier Jahre mit viel Freude und Engagement in Bern politisiert. Das zu verlieren, ist nicht einfach.» Er werde der Partei aber treu bleiben. «Persönlich werde ich mal ein bisschen Ruhe suchen und mich dann neu orientieren», so Mäder.
Die FDP und die EVP bleiben stabil. Die Zürcher FDP-Kantonsrätin Bettina Balmer holt einen Sitz und die FDP Stadt Zürich freut sich darüber: «Wir danken Bettina Balmer für ihr grosses Engagement im Wahlkampf und sind überzeugt, dass sie in Bern ihre langjährige politische Erfahrung als Kantonsrätin und ihre berufliche Erfahrung als Kinderchirurgin erfolgreich einbringen wird.»
Grüne verhindern Debakel
Die Grünen verlieren am Ende doch nur einen Sitz. Lange hatte es so ausgesehen, als ob es zwei Sitze werden könnten. Doch Katharina Prelicz-Huber (Grüne) schaffte am Schluss doch noch die Wiederwahl. Prelicz-Huber sagte zu dieser Zeitung, aufmunternde SMS den Tag über hätten ihr sehr geholfen, den Krimi durchzustehen und an sich zu glauben. «Schlussendlich haben Zürich und Winterthur meine Wahl gesichert», so Prelicz-Huber.
Priska Seiler Graf, Co-Präsidentin der SP Kanton Zürich, wurde komfortabel in den Nationalrat wiedergewählt. Die Klotenerin freute sich über ihr Resultat – dies besonders nach ihrer gescheiterten Kandidatur für den Regierungsrat im vergangenen Februar. «Ich hatte zuerst natürlich einen kleinen Durchhänger», so Seiler Graf. «Aber ich habe dann alles gegeben und viel Wahlkampf mit Michèle Dünki Bättig gemacht.» Für Seiler Graf hat sich der Aufwand gelohnt. Kantonsrätin Dünki Bättig schaffte die Wahl allerdings ganz knapp nicht. Die LGBTQ-Aktivistin Anna Rosenwasser hat sie auf der Zielgeraden überholt. In den nächsten vier Jahren will sich Seiler Graf in Bern noch stärker für soziale Themen einsetzen. Sie hofft dabei auch auf die Unterstützung der Mitte.
Die Mitte – entstanden durch die Fusion von CVP und BDP – darf sich im Kanton zu den Wahlsiegern zählen. Auch Kantonsrätin Nicole Barandun, die nächstes Jahr als Co-Präsidentin der Mitte Zürich abtreten will, hat den Einzug in den Nationalrat geschafft. «Ich freue mich enorm über das Resultat», sagt sie strahlend. Die Zürcherin glaubt, dass der neue Name «Die Mitte» nur einer der Gründe für den Erfolg ihrer Partei sei. «Wir mussten viel dafür tun und viel Wahlkampf betreiben», so Barandun. Geholfen habe zudem, dass die Mitte viel schneller Position als früher beziehe, etwa indem sie kürzlich den Terror gegen Israel klar verurteilte. Ausserdem habe die Bevölkerung genug von der Polarisierung der Gesellschaft durch die linken und rechten Parteien.
Auch SVP-Kantonsrätin Nina Fehr Düsel hat es geschafft. Sie ist stolz auf ihr Resultat. Für die Küsnachterin ist klar: «Die Menschen sind verunsichert und wollen mehr Sicherheit in Europa und der Schweiz. Das hat aus meiner Sicht dazu geführt, dass viele die SVP gewählt haben.» In Bern will sie sich mit den Rahmenverträgen mit der Europäischen Union befassen und sich für eine gesicherte Altersvorsorge einsetzen.
Den Einzug in den Nationalrat ganz knapp verpasst hat hingegen Kantonsrat Domenik Ledergerber. Der Präsident der SVP Kanton Zürich trug sein persönliches Resultat mit Fassung. «National sind wir klarer Wahlsieger. Enttäuschend ist, dass wir im Kanton trotz unseres engagierten Wahlkampfs keinen zusätzlichen Sitz gewinnen konnten», so der Herrliberger. Die Gründe werde man nun im Parteivorstand analysieren.